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MOZZKOPP "Tadel"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

06-2021

Label: 

Genre(s): 

Wer die Magdeburger Mette Nenschen (*die sich nach 10 Jahre Bestehen aufgelöst haben) noch kennt oder zumindest schon mal gehört hat, wird vielleicht auch Mozzkopp mögen lernen, zumal Mette Nenschen Frontkehle Max auch bei Mozzkopp am Mikro zu hören ist. Vom Stil her erklären Mozzkopp sich auf ihrer Facebook-Site selbst mit "Mozzkopp ist eine Kapelle dessen Wurzeln im Crossover liegen. Die Texte sind alle deutschsprachig und voll von Ironie, Sarkasmus und schwarzem Humor ...immer der erhobene Zeigefinger mit anspucken!" - wer also etwas rüdem Charme und dem tatsächlichen Anderssein nichts abgewinnen kann, der/die kann das gerade erst released-te Album wohlwollend ungechecked Anderen überlassen. Vom Logoschriftzug her, könnte man zwar zunächst eine lupenreine Death Metal Kapelle vermuten, davon bleibt jedoch just der Metal, zumal man stimmlich zwar durchaus kehlig unterwegs ist, ich die Art der Vocals jedoch nicht unbedingt dem Death Metal Genre zuschustern würde. Zum restlichen Line Up fehlten mir zunächst die kompletten Basis-Infos, was aber dank direkter Nachfrage im Vorfeld dieser Review beantwortet wurde. Was ich weiß, ist, dass es bereits Shirts und Skateboards im Bandshop gibt, ob die CD oder Vinylform als Medium jedoch bestenfalls nachproduziert wird, wird die Nachfrage entscheiden. Grund dafür ist, dass man sicher sein möchte, nicht auf den Tonträgern sitzen zu bleiben. 

Deshalb komme ich nun auf straightem Wege zum (Online-)Album selbst, das per "Intro" (Track 1) anstartet und das erste "Mozzkopp" fast wie ein "Moskau" klingt, bzw. leicht falsch verstanden werden könnte. Ein quasi typischer Opener mit Zug nach vorn, der das Coverartwork auch textlich unterstreicht - "Ich bin ein Mozzkopp, denn Fresse halten ist nix für mich." - ganz klares Credo des Bandprojekts, das durch die Zusammenarbeit mit Bö von Prellbokk aus dem Ruhrpott während der Lockdownzeit entstand. Ziemlich interessant ist dabei die Tatsache, dass der roughe Charme Sachsen-Anhalts mit dem des Ruhrpotts durchaus Gemeinsamkeiten hat, wenngleich es auch genug Unterschiede geben mag. Etwas themenintensiver wird es mit "Farbiger Humor" (Track 2), einem Stück über moralische Zeigefinger und Szenepolizei. Gerade der deutschen Mentalität wird oft nachgesagt, dass man viel zu selten über sich selbst lacht und Klischees sehr gern gepflegt werden, genauso wie peinlich genau auf jedes Wort, jede Silbve geachtet wird, wenn man Leichen im Keller zu finden versucht. Mozzkopp geben hierbei ihre Sichtweise auf das, was man unter Punk versteht mit - "Für mich ist Punk in erster Linie, Liebe zur Provokation. Und in Kunst und Kabarett, hat das lange Tradition.". Letztlich sind es meist die sogen. "Minderheiten" selbst, die zum Lockermachen auffordern und dem Humor lachend selbst die Schamgrenzen nehmen. Musikalisch gesehen haben Mozzkopp den Grundstil zwischen Crossover, HardcorePunk und Metal an Bord. Stilistisch würde ich den Grundstil in der Nähe von Bands wie Grober Knüppel, Prellbokk oder auch Blindgänger sehen. Mozzkopp klingen dabei allerdings eigen genug, um nicht als Kopie von irgendwem ins Netz zu gehen.

Mit "Schweinevolk" feat. Rainer Stoff (Track 3; Anspieltip I) gehen Mozzkopp dann auch musikalisch etwas mehr in Richtung Hip Hop Einfluss, was man just zu Beginn bemerkt. Vordergründig bleibt der Crossover/Metalsound erhalten. Rainer Stoff bringt mit seinen Lines eine Art gefühltes Swiss + Die Andern Flair ein, während man textlich der Gesellschaft eins mit dem Spiegel überbrät. "...Lass dich programmieren, es geht um jede Menge Geld. Funktionier', konsumier', investier', entwickle Gier. Du bist Treibstoff im Motor der schon bald explodiert."   

Nicht ganz so flüssig wie die bisherigen Stücke geht darauffolgend "Predigerpack" (Track 4) zunächst etwas holprig ins Rund, pegelt sich dann aber in den Rhythmus ein und bekräftigt noch einmal unmissverständlich, dass man einfach sein Ding machen möchte und die Hautfarbe genauso egal ist, wie der Gott, der am Besten in den Kram passt. Letztlich kommt gerade dieses Stück mit jedem weiteren Durchlauf besser in Schwung, zeigt aber inhaltlich auch wie hochsensibel und überreizt die Gesellschaft an sich ist, was dank diverser verblendeter Vollidioten so ist. Das folgende Stück "Fleisch" (Track 5), das per Sample intoniert wird, ist eines jener Stücke bei denen mein Hirn die Aufmerksamkeit immer wieder auf "Off" stellt, einfach, weil man diese ewige Diskussion leid ist. "Leben und leben lassen." ist dabei mein Credo. Soll jede/-r essen was- und wie viel er/sie mag. Genau genommen gesellt sich dieses Stück leider selbst zum vorab kritisierten "Predigerpack", gerade weil es nur eine Seite der Medaille ausleuchtet. Es sind letztlich leider stumpf-motzige Aussagen wie "Von einem Blumenstrauß wird keiner satt, da mach' ich lieber einen Veganer platt und schaff ich keinen ganzen, ist der Rest für meine fleischfressenden Pflanzen!" - ich gehe zum Lachen ganz sicher nicht in den Keller, aber "plattmachen" ist sowas von gestern... ab in den Müll mit dem Stück. 

Stücke wie "Holz und Blech" feat. Shiva (Track 6; Anspieltip II) treffen meinen Humor schon eher. Es darf gern auch mal (wie hierbei) schön dreckig, pechschwarz und fast schon britisch sarkastisch zugehen in Sachen humoresker Einfärbung. Sehr geil umgesetzt und reingeschmiert, kommen die Sprech-Passagen (die den Mann in Uniform darstellen) und der Stimme von Rainald Grebe zum Verwechseln ähneln. Zunächst stand die Frage im Raum, ob es sich hier beim Feature um den gleichnamigen (Shiva) italienischen Rapper handelt? Ebenfalls auf Nachfrage, erfuhr ich, dass Mozzkopp-Keifer Max einfach nur einen Freund des Hauses featuren wollte und diesem den Namen Shiva verpasst hat. Wenn man Recherche gewohnt ist, um auch mehr Basis- oder Hintergrundinfos zu bekommen, ohne nachfragen zu müssen, können solch' einfache Lösungen fast schon für Verwirrung sorgen, haha. Und während man dem Muckeaufbau seine Ohren leiht, fällt auf, dass hier auf groovy-, aber eher einfaches Riffing gesetzt wurde, was die Text-Story in den Vordergrund rückt und stellenweise für Grinsen sorgt. Das Grinsen vergeht jedoch schnell wieder beim Lesen des Titels "Stasi Blumenbeet" (Track 7). Was wie eine Persiflage auf (Deck)Namen diverser Geheimdienstperationen klingt, entpuppt sich als vom Groovebrett begleitetes Stück, das sich mit sich selbst längst überholten Rentern auseinandersetzt. Von der Hundekacke auf dem Rasen des Vorgartens bis zur schlecht geparkten Benz-Karre vor der Haustür (Luxusprobleme) und dem Fakt des bald zu erwartenden Endes kann man das mit Erinnerungen an die Pubertät und sich echauffierenden Omas & Opas, für die schon Tattoos etc. zur Schnappatmung führten, hier und da nachvollziehen. Ich persönlich (subjektiv!) störe mich just an der Textstelle "Altes Renterschwein... halt's Maul, sonst schlag ich dir die Zähne raus." - schade um die Mucke, die is nämlich separat(!) gesehen gar nicht schlecht. Mit anderen Worten das nächste Stück für die Tonne. Vielleicht gelte ich damit als zu stocksteif oder zu bitterernst, aber mir käme sowas weder über die Lippen, geschweige denn in den Sinn Rentner zu vermöbeln, selbst dann nicht, wenn es einen dieser Nazi- oder eben im hier besungenen Stück "Stasi-Rentner" betrifft. Manche dieser Mecker-Rentner haben nur noch ihr Meckern und/oder Getratsche als Lebensinhalt, es sei ihnen zugestanden (sofern es keine Nazidenke oder -parolen sind), denn die Rente allein reicht ja heutzutage schon nicht zum Leben und zum Sterben ist sie quasi zu viel. 

Dann doch lieber so 'ne Quickie-Abklopf-Nummer wie "...egal" (Track 8; Anspieltip III), was mich an frühere Punktage in ihren Anfängen erinnerte und dem alten Spruch "Legal, illegal, scheißegal." zu einem Revival verhelfen könnte. Knapp über eine Minute wird hier u. a. gegen die Pharmaindustrie angemotzt und mit berechtigten Fragen um sich gekloppt. Wie man die eingeschobene Bridge treffend umschreiben kann, ohne dass es komisch klingt, will mir partout nicht einfallen, also lasse ich es just. 

Dass das mittlerweile etwas abgegriffene Religionsthema in Form von "Holy Shit" (Track 9; Anspieltip IV) auch noch drankäme, konnte man schon beim Erstdurchlauf erahnen. Kein Motzen ohne das Thema Religion. Rein textlich gesehen, kommen hier auch keine großartig neuen Ansatzpunkte rum, wenngleich die Textstelle "Du darfst nicht stehlen, hat man Hans gesagt. Er hat am Hungertuch genagt. Doch klaut er jetzt, hat er versagt." durchaus berechtigte Fragen stellt, die zudem zeitgemäß sind. Schon die musikalische Bassintonierung stellt hierbei die Ohren auf scharf und fährt einen typischen Tieftöner-GK-Groove auf, der sich mit Eigendynamik zu einem potenziellen Bangerstück entwickelt, das zu den Highlights auf diesem Album zählt. Selbst die kurz angezockten-, traditionell indischen Bollywood-Funken zwischdrin, machen sich hierbei echt gut. Ähnlich (musikalisch gesehen) rund läuft auch "Gefühle" (Track 10) schön abwechslungs-riffig ein, während mir der Titel etwas zu lau/platt vorkommt. Im Grunde ein Thema, das wohl jeder kennt - Heuchelei, Politversagen, Moral, Regeln und Zwänge - mit anderen Worten die volle Frustpalette. Der "Mozzkopp" springt mit Schmackes durch die Themenpfützen des Alltags und reagiert sich via Mucke wie an einem Boxsack ab. Der Kellenabschlag hat einen ziemlich amtlichen Punch inne. Lediglich der Sound kommt hier etwas verwaschen rüber und könnte etwas mehr Bums innehaben, aber das ist via YouTube-Albumstream schlichtweg fast unmöglich.

Mit "Lass uns träumen" feat. René (Track 11; Anspieltip V) kommt auch ein Coversong zum Zuge, der im Original von der Magdeburger Band Ansicht X (*Ende 1.990er-2.005) ist, der mir schon im Original echt gut gefiel. Mozzkopp haben das Stück mit eigenem Sound überzogen, so dass es fast wie ein eigenes Stück klingt. Dabei fällt mir auf, dass etwas mehr Melodik und (längere) Text(zeilen) Mozzkopp noch eine Schippe besser klingen lassen, solange es in überschaubaren Bahnen (wie bei diesem Stück gegeben) bleibt. Echt nice. 

Wie es der Titel "Aluhut" (Track 12) schon verrät, kommt an später Albumstelle ein "Not a Lovesong" für Hildmann Lemminge und überbrät das vorhandene Resthirn mit einer Extra-Sauce zum Abgrillen. Alu soll zwar helfen die Wärme zu halten, soll aber auch für Überhitzung sorgen, wenn man damit zu lange in der Sonne steht. ;-) Die doomigen Death Metal Parts, die im Finalgang des Stückes aus der Magengrube grüßen, untermauern ganz nebenbei noch einmal die Metal Einflüsse bei Mozzkopp. "TV Zombies" (Track 13) bringt inhaltlich eher das zutage, was nach dem Grillen übrigbleibt. Man kann sich also vollkommen auf die Mucke konzentrieren, die erneut 'nen schön runden Groove auffährt. Rein musikalisch ein starkes Stück, leider etwas kurz. Vermutlich gab der Text hier nicht mehr Länge her? Wie auch, wenn zu einem Thema bereits alles gesagt ist?! 

Damit bleibt noch das albumbeschließende Finalstück "Ob es sich lohnt" (Track 14; Anspieltip VI). Meines Erachtens hätte sich dieses Stück als Albumopener empfohlen, so aber steht es bei dieser Erst-Online-Veröffentlichung am Ende. Um die Online-Welt geht es inhaltlich auch. Vom Riff-Groove stimmt hier die Auswürzung komplett. 

Mal abgesehen von einigen inhaltlichen Tiefpunkten auf diesem Debütalbum, könnten Mozzkopp der Duo-Form gern entwachsen, vielleicht hier und da etwas mehr fokussiert motzen, dann glaube ich, könnte hier deutlich mehr gehen. Insgesamt gesehen/gehört, sind die Ansätze potenziell gut und mit etwas mehr Entwicklung + Zeit ist da noch 'ne Menge Potenzial in der Schub-Lade, die nur wartet ver-/gezockt zu werden. Vielleicht das nächste Mal weniger "in the Face", sondern mehr "Kick the Ass"?

V.Ö. 05.06. 21

 

6,55/10 Schafe Schüsse

(Mozzkopp 2.021)

https://www.facebook.com/mozzkopp/

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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