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KARIES "Alice"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

10-2018

Label: 

Genre(s): 

>>"Karies entsteht in Zwischenmahlzeiten", sagen Zahnärzte...<< - was auch immer mir das Infobeiblatt damit sagen will? Zumindest fragt man sich in Anbetracht solcher Bewerbung einer mir noch bis dato noch unbekannten Band, die seit Juli 2.012 besteht und in Stuttgart die schwäbische Gemütlichkeit von unten her aufmischt, ob die vorliegende Scheibe bissfest genug ist, um auf längeren Hör hin Bestand zu haben? Stlistisch wähnt man sich dem Post-Punk Genre zugehörig. Also nix mit "Who to fuck is...?!", auch nix mit dem Schnulzen-Howie aus den geschlagerten '80ern, vielleicht ja aber ein wenig Sham 69 ("Oh Alice, let's get drunk tonight...")? Man wird sehen und vor allem hören. 

Vom Sehen her hat man das Album zeitgemäß und irgendwie von außen her modisch durchgestylt verpackt. Innen dann ein schlichtes, aufklappbares Bookletblatt mit allen Text auf Himmelblau. Nice. 

Auch der Backkatalog weiß noch einige Tonis (=Tonträger) mehr herzugeben. Noch mal nice. Die Checkliste abgehen. Der Einsteiger "Holly" (Track 1; Anspieltip I) rollt ein und geht sexy catchy auf Ohrenfang. NDW Pop Drive mit Ohrwurmepidemie im Gepäck. Von den Basics her erinnern Karies stark an die kultigen Trio (R.i.F.). Textlich zunächst 'ne ziemlich einfache Nummer, die unter der Oberfläche auch etwas plakatives hat. Zugegeben: A bite more than nice. Vom "Holly" geht's zum "Pebbo" (Track 2). Das Rezept ist ähnlich um den pulsschlaggebenden Bass herumgebaut. Musik-stilistisch gibt es noch etwas Ideal obendrauf, womit die Punkschiene definitiv bedient wird. Von der Autobahn geht es direkt runter in die "Nebenstrassen" (Track 3), die Karies im Uptempo abbrettern. Pogo-Ursprung. Als Post-Punk würde ich das bis hierhin gar nicht sehen, sondern schon eher im Fahrtwasser des ursprünglichen Punk, wenn auch zeitgemäß modern produziert. Zwar schäumt auch etwas progressiv-alternativer Einfluss im Sinne der Einstürzenden Neubauten/Neurosis zaghaft-leicht durch, hält allerdings die Frische konstant obenauf. 

Eher popig geht das Albumtitelstück "Alice" (Track 4; Anspieltip II) ins Rund und lässt zwischen New Wave und Fehlfarben auch die Kariesfärbung mit Synthie Pop Elementen Hand in Hand laufen. Wenn man dementsprechend muckeoffen ist, kann das sogar angenehm den Nerv treffen. Textlich bleibt man auch beim folgenden "1987" (Track 5) in diesem Stildreh und behält die schlichten-, doch intellektuellen Texte bei. Die Mucke schafft es tatsächlich beim Hören die Zeit zu versetzen. Quasi ein musikalisches Versatzstück Zeit. ;-) Faktisch dürfte diese Art Muckecocktail nicht nur die Ohren weiten. Wie gesagt, Freunde der Fehlfarben dürften hier 'ne heiße Scheibe an Land ziehen. Vom Spirit her geht das sogar leicht in Richtung Grunge - "Havarie" (Track 6). 

Nach anfänglichen Punk Schlagsaiten verfließt das Album etwas mehr in Richtung New Wave und setzt tatsächlich den Schritt in Richtung Post Punk fort - "Bruch" (Track 7). Vergleichsweise atmosphärisch geht es zu, wie man es u. a. von Bands wie Fliehende Stürme kennt, nur eben nicht ganz so düster. Und tanzbar tatsächlich auch. Man kann solche Stücke locker mal bei einer guten BatCave/New Wave Party laufen lassen, was auch von "Projekt Aufgabe" (Track 8) unterstrichen wird. Vielseitig deutbar beißen Karies den Interpretationsraum eher sanftklingend frei. Man hält sich tanzbar und ohrenweich, "Moleskin" (Track 9), "kein Freispiel drin". ;-) 

Zunehmend verliert sich das Album ein wenig in den Texten, die mit Relationen und dem Relativieren spielen. Musikalisch butterweich, kann man locker durchlaufen lassen. Es bleibt, dass die Mucke (be-)sticht und das Etwas festhält, nur schimmert auch durch, dass noch irgendetwas fehlt. Es muss ja nicht perfekt vervollkommend sein... man sucht das treffende Aber inmitten der aufkommenden Gedanken und findet sich direkt beim Trio-geistigen "Altar" (Track 10; Anspieltip III) wieder. Alles relativ(iert) und zurück auf Anfang quasi. "Berühre mich nicht an Stellen, die mir nicht gehören" ist großes Kino auf hohem Niveau. Karies spielen mit "Ansichten" (Track 11). Fügen zusammen und spalten, legen offen und widerlegen. Letztlich auf längeren Lauf hin wirklich groß-ART-ig. Auf solche Art "Zwischenmahlzeiten" kann man öfter Bock kriegen. 

8,5/10 Schafe Schüsse

(This Charming Man Records/Cargo Records 2.018)

http://kariesband.blogspot.com/

https://www.facebook.com/kariessksechzig/

Danny B

Schaf Schüsse: 

8
Eigene Bewertung: 8

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