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FRAU KOPF, Kopf. Schweine. Sterben.

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

08-2014

Label: 

Genre(s): 

Selten gibt es Kollegen/ -innen, mit denen man sich auf der geistlich-selben Wellenlänge dieser Zeiten wähnt, aber es gibt sie und dann ist man(n) natürlich Neugiergeplagter. Solch' (subjektiv) betreffende Kollegen/ Kolleginnen der Schreibzunft sind an manchen Tagen wie Goldstaub, sie fressen sich nicht nur in Hirn und Herz, sondern hinterlassen etwas in den Poren und hintersten Winkeln. Sei es ein gedanklicher Nachgeschmack, ein Gedankenansatz, eine Frage... was auch immer, wichtig ist letztlich dabei nur die Tatsache, dass sie NICHT(!) zu austauschbaren Image-Maskenkünstlerelite zählen, sondern dank ihrer Schreibe etwas beständig Echtes mitbringen, ein Bewusstsein, dass dir beim Lesen ggf. nicht nur Augen-, sondern auch Herz- oder im Falle von Frau Kopf Hosenöffner neu definiert, dabei aber ganz und gar nicht plump neue Ideen für Maßstäbe in der Schreiberlinglandschaft setzt. 

Wo Charlotte Roche als polarisierende Autorin wieder im Zeitenmeer der Headlines verschwand, schreibt sich Frau Kopf weiterhin auf dem Fensterbrett (aus-)balancierend/ tänzelnd die Finger wund und entblättert das allgemeinbekannte Klischee des Berliner Nachtlebens. Frau Kopf vergisst dabei aber den Blick in den Spiegel nicht ("Geschichtenerzähler", "Der Tag, an dem ich mir selbst über den Kopf wuchs.") und befasst sich tiefer ausholend mit den Modepüppchen dieser Zeit ("Modelsuppe"), die gern den Trend (inklusive so manches Trendboys/ Trendgirls) reiten, sich aber am Morgen danach nur wieder ihrer leblosen Hülle aus Haut und Knochen oberflächlich zuwenden. Aber auch das "Bild einer Hungrigen" lässt nicht unberührt. 

Frau Kopf bietet in "Kopf. Schweine. Sterben" liebevolles 8 mm Kopfkino mit grosser Spannbreite, mit spitzen Messern, die dann und wann auch mal ein wenig bohren, anstatt zu schneiden. Detailreich garniert breitet Frau Kopf die bildtiefen Worte der Realität erlebbar/ spürbar machend aus, um im nächsten Moment irgendwo in Endzeitbildern zwischen Oliver Stone und Tarantino Filmen eine Dosis Hirnfick zu reflektieren, auszukotzen wie eine Katze ihre Haarballen hochwürgt - im ersten Moment leicht eklig, danach blickt man aber sich erneut einliebend auf das würgende Liebelein, oder in diesem Fall auf's Coverfoto des Buches und sagt sich "'Ne coole Sau die Frau Kopf." ;-)

Dieses Buch kann man nicht mal so nebenher lesen. Man kann es auch nicht einfach so zuklappen und weglegen, weil die Neugier einen gut angefixt und man sich immer wieder fragt was wohl als nächstes käme?! Frau Kopf setzt den Gedankenhebel mit archaischer Anarchistenfreude an, malt und zerstört Bilder ("Arschlochpumpe Herbstherz"), sprengt die Rahmen mit lautem Lachen, Kippe und Drink bewahrend und entführt in die Kopf'sche Welt. Dass diese, ihre Welt in der unsrigen pulsiert, untermauert Frau Kopf beim Rundumblick, u. a. z. B. in "Irgendwas mit Deep Throat", "Schmalzstullenuschi"... das will das eigene Hirn erst einmal alles verstehend erfassen - Interpretationsraum wird hier zur individuellen Blickwinkelsache und liest sich mal im Grinse-, mal mit Kloßschluckgefühl... und trotzdem erfährt man so einiges über den Weg von Frau Kopf ("Kinderlied"), zumindest nimmt man es an. Alles in allem ein Buch, das nicht nur das bedruckte Papiert absolut wert-, sondern auch jeden Cent wert ist. Ihr wollt gute Bücher im Regal haben, die auch bei jedem Date, jeder Party mehr als "nur" etwas hermachen und aus- bzw. etwas zu sagen haben? Dann solltet Ihr dieses schön dreckig-verschroben-freaky-liebevolle Erstwerk von Frau Kopf unbedingt bestellen und im Lese(sch-)ritt besteigen! 143 Seiten voller Lebensbilder gibt es hier zu entdecken.

P.S.: Ich sollte lediglich den Punkt bzgl. der Band Nirvana noch einmal bei Frau Kopf erfragen, wie dieser denn zu verstehen ist?! (Leider fand ich betreffenden Vers auf Anhieb nicht wieder) Aber das ist auch schon der kleinste Kritikpunkt. Ich bin gespannt wie es im nächsten Werk thematisch (konzeptionell?) weitergeht?!

By the Way: Exzellentes Coverfoto! ;-)

 

9,8/ 10 Schafe Schüsse

(Marianne Leim Verlag 2.014)

http://kopfkultur.blogspot.de/

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http://marianneleimverlag.de/

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

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