Bild des Benutzers DannyB

FRANK ZANDER "Urgestein"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

10-2019

Label: 

Genre(s): 

Wenn man die Anfrage erhält über ein echtes Berliner Original-, ein im wahrsten Wortsinn originelles "Urgestein" wie Frank Zander zu schreiben, dann kommt einem eine Ablehnung definitiv nicht in den Sinn, immerhin hat genau dieser Frank Zander nicht nur den Kult "Kurt" (*"Hier kommt Kurt"; 1.990) gegeben, sondern auch die eigene Kindheit mit Liedern wie "Ja, wenn wir alle Englein wären" (*1.981) begleitet oder so mancher "Marlene" (*1.988) im eigenen Umfeld witzig-spontane Singalong-Trällertiraden beschert, haha. Nicht zuletzt hat Frank Zander 2.004 und 2.005 mit seinen beiden "Rabenschwarz" Alben (*bei denen er nicht nur Matthias Reim coverte, sondern auch sein alter Ego "Kurt" wieder auferstehen ließ) auch musikalische Ausflüge in die Gothic-Welt unternommen, was damals für Verwunderung sorgte, nicht nur bei mir, zumal man Frank Zander eher aus dem Comedy/Schlager/Pop Bereich kannte, der u. a. auch öfter mal bei Dieter Thomas Heck (R.i.F.) in der ZDF Hitparade zu Gast war und somit Teil manches Samstag Abends der eigenen Kindheit/Familie war und seit vielen Jahren auch wieder durch sein Tun für obdachlose Menschen Teil meiner Rundumschau im Berliner Leben geworden ist. Dass der Mann mit lockeren Schritten auf die 80 Jahresmarke zugeht, war mir in dem Kontext so gar nicht bewusst, zumal er optisch-, sowie gefühlt locker mit Mitte 60 durchgehen könnte. Umso schöner, dass Frank Zander noch immer so fit und aktiv ist, was heutzutage nicht selbstverständlich ist. Wenn also einer seit 1.975(!) in angenehmer Regelmäßigkeit (so alle 2-3 Jahre) Musik veröffentlicht, spricht das für sich selbst und wahrscheinlich hält genau das Frank Zander auch so fit?!

Und damit komme ich auch schon zum im Oktober erscheinenden neuen Album von Frank Zander, das wie kein anderes sein Wirken und Schaffen schon vom Albumtitel her auf den Punkt bringt. Über 50 Jahre auf den Bühnen dieser Welt zu stehen und das stete Entfliehen vor den Schubladen der hießigen Medienbranche durchzuziehen, das will auch erst einmal geschafft werden. Demnach geht es beim Album "Urgestein" nicht nur um Rückblicke und bestimmte, zuhauf beackerte Stilfelder, sondern um Leidenschaft, Herz und Seele, so viel kann ich vorab bereits verraten. Mit dem Albumtitelstück voran "Urgestein" (Track 1) geht es direkten Weges durch den Neuköllner Kiez und lässt Frank Zanders ureigene, charismatische Stimme zwischen Aufrichtigkeit und Rückblick erklingen. Frank Zanders Tun lässt dabei selbst Fans anderer Berliner FCs respektvoll nicken. Freilich schwingt auch ein klein wenig Nostalgie und Wehmut im Augenwinkel mit. Die gewohnten Schlager-Pop Pfade werden mit '70er/'80er/'90er Jahre Discosound vermischt und erinnern bei "Tanze Eileen (Album Version)" (Track 2) direkt an das Original von Dexys Midnight Runners (*"Come On Eileen") aus dem Jahr 1.982. Natürlich (er-)kennt man das Stück sofort, kommt aber im ersten Moment nicht darauf wer dieses One-Hit-Wonder einst gelandet hat - gut, dass es Google gibt, zumindest diesbzgl. ;-) 

Beim folgenden "Ich hab' noch lange nicht genug (Album Version)" (Track 3) denkt man bei der Titelgebung logischerweise spontan an "Wir ham' noch lange nicht genug" von den Böhsen Onkelz, was rein musikalisch absolut andere Stilblüten sind, aber auch zeigt wie weit der Einfluss der Onkelz letztlich ist, sei es auch nur als textliche Inspiration. Dabei stammt das Stück selbst von den Erfolgsautoren Simon Allert (*u.a.: Roland Kaiser, Jeanette Biedermann, Bernhard Brink) und Marc Lennard (*Sarah Connor, Thomas Anders, DJ Ötzi) und wurde Frank Zander quasi auf die Stimmbänder und seine Seele geschrieben. Wer jetzt also Rock ala Onkelz erwartet, wird enttäuscht werden. Frank Zander folgt seinen eigenen musikalischen Wegen und vollzieht hier sein Werk zunächst eher im Bereich Schlager/Pop. Was jedoch auch etwas Rock-Element zulässt ist etwas, das ich bereits bei "Hier kommt Kurt" einst wahrnahm, denn auch hier hat Frank Zander ein nettes Gitarrensoli dezent mit am Start. Aber auch Reggaetöne wie bei "Alle Fünfe gerade sein" (Track 4; Anspieltip I) kommen leichtfüßig und charmeversprühend zum Zuge, was hintenrum zum fiesen Ohrwurm mutiert und hängen bleibt. Dieses Stück kann man locker mit der ganzen Familie hören oder auch einfach als Launen-Push-Up nutzen. Es funktioniert - Tagesstimmungs-Upgrade Deluxe quasi. Umso erstaunlicher, dass "Kopf oben" (Track 5) eher düster-verrauchte Kneipentresenstimmung mitbringt und eine gefühlte Abwechslung einläutet, was sich mit dem Refrainteil ändert. Mit anderen Worten, lebt Frank Zanders neues Album bereits sehr früh von der Vielfalt seiner bisherigen Veröffentlichungen. Ohne in die Schubladenkerbe hauen zu wollen, bewegt sich Frank Zander am roten Faden seines angestammten Metiers und nimmt sich dabei die Freiheit auch andersartige Stileinflüsse mit einzubauen, was jedoch eher bei genauerem Zuhören auffällt. Wer denkt, dass hier alles nur eitel Schlager-Sonnenschein-Welt ist, dem/der empfehle ich z. B. "Muss es erst richtig wehtun?" (Track 6; Anspieltip II) bei dem Frank Zander sozialkritische Töne auf die ihm zueigene Art auf den Punkt bringt. Die Courage auch solche scharfkantigen Themen anzugehen und laut zu äußern ist gerade in den Schlagerbreiten alles, nur eben noch lange nicht allgegenwärtig. Allein das gibt diesem Album ein Alleinstellungsmerkmal (rein metiermäßig) mit. Mit ruhigeren Tönen leitet Frank Zander via Acousticflair balladesk die sanfte Kurve ein und landet mit "Wir sind immer noch nicht müde" (Track 7) selbst bei mir einen sicheren Treffer. Selbst Countryblüten sprießen dezent durch die Oberfläche dieses Albums - "So egal" (Track 8). Hier kommen besonders die Reibeiseneigenheiten von Zanders Stimme klasse rüber, die locker einen waschechten Rockmusiker hätte hergeben können. Stimmen wie diese haben einfach Wiedererkennungswert, der sich zudem (nicht nur beiläufig) über viele, viele Jahre eingebrannt hat. Freilich, das musikalische Fundament ist nicht so meins, aber die clever eingestrickten Elemente (anderer Stile) wecken hier und da doch etwas mehr Interesse, das kann man ehrlich zugeben. 

Mit "Ich bin der Größte" (Track 9; Anspieltip III) geht es ganz weit in Frank Zanders Vita zurück bis in die frühen '70er Jahre und beschert eine Neuaufnahme. Fast schon beängstigend wie zeitlos der Textinhalt geblieben ist. Was die Neuaufnahme angeht, so ist Frank Zanders recht nah am Original geblieben. U. a. dank der heutigen Studiotechnik klingt diese Neuaufnahme frischer als das Original. 

Nachdem zu Beginn von "Annett" (Track 10) kurz die Hoffnung aufkommt ein rockigeres Stück zu hören, biegt das Stück selbst eher auf eine Frank Zander typische Art ab und dreht einen weiteren Ohrwurm clever zurecht. Ich meine einen dieser Ohrwürmer, die man nicht forciert oder7und kommen sieht, sondern die sich ihren Platz wie von selbst nehmen. Klamauk trifft auf typische Frank Zander Handschrift. 

Definitiv weniger Klamauk liegt in "Vegan Vampire" (Track 11). Die Gesangsphrasierungen erinnern mich vom Stimmklang hier und da sogar an Sir Hannes Smith von The Idiots. Auch musikalisch ist dieses Stück eines, das etwas mehr hervorsticht. Es braucht einige Durchläufe bis man sich den Textinhalt vergegenwärtigt-, bzgl. verstanden hat. Es geht nun in Richtung Finale und im Zuge dessen stilistisch zurück zum "Rabenschwarz" Stil, der mit "Warte ich komme" (Track 12; Anspieltip IV) Bedienung erfährt. Minimal-Electro Pop/Goth lässt eine Art Remix-Feeling aufkommen und schließt dabei an den vampiresken Düstertouch an. Der rückwärts abgespielte Beginn von "Blut und Alkohol (Milk and Alcohol)" (Track 13) bringt zum Abschluss doch noch den Rock 'N Roll mit und hinterlässt am Ende einen Stilblumenstrauß, der insgesamt gesehen zwar hohen Schlager-Pop-Anteil innehat, aber genauer betrachtet tatsächlich wahnsinnig stiloffen bleibt und genau davon lebt. 

V.Ö.: 04.10. 2.019

 

7,85/10 Schafe Schüsse

(Zett Records/da 2.019)

https://frank-zander.de/

Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

Review No.: 

Tags: