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THE DÖFTELS "Neue deutsche Disko"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

10-2017

Label: 

Genre(s): 

Was macht man mit einer Band, die sich anschickt die "Neue deutsche Welle" (kurz: NDW) zurückbringen zu wollen? "...Rock, Funk und Pop, ungewöhnliche Outfits, pure Unterhaltung und der unbändige Wille im Gedächtnis zu bleiben." heißt es auf der The Döftels Website - das klingt nach Großangriff der Diskokugel, die als im Takt schwingende Abrissbirne benutzt werden soll, ob das funktioniert? Bleibt abzuwarten. Immerhin hat die Band um Jim Walker Jr., alias Peter Englert (*der auch Schauspieler der Nibelungen Festspiele ist und bereits an der Seite von Cosma Shiva Hagen spielte) ein Imagekonzept. Cosma Shiva Hagen ist für integrierte Single auch auf diesem Album zu Gast. The Döftels teilten in der Vergangenheit bereits mit Dick Brave und Black Pony die Bühne(n). 

Und dennoch, trotz all' der nice Facts, habe ich so meine Zweifel ob es eine zweite NDW bzw. einen NDW Reload braucht? Die Charts werfen auch aktuell noch genug an Dance Mucke ab oder täusche ich mich etwa? Mit "Hypertonie" (Track 1) wirft man einen medizinischen Begriff mittels des Opener ins Rund, der allerdings im textlichen Kontext keinen Bezug herstellt, sondern eher pornösen Schlagermove und Textstellen wie "Doch für 400 Mark, steh ich im Supermarkt und zwar den ganzen Tag" irgendwo zwischen '70er Disko (Village People Style) und Gildo Horn anbietet. Für Bad Taste Partys kann man das schon machen. Tatsächlich kommt bereits mit "Singen, Tanzen, Springen" (Track 2) NDW Atmo auf. Bereits an dieser Stelle frage ich mich, auf was ich mich der Neugier bzgl. Cosma Shiva Hagen's Beitrag wegen nur eingelassen habe?! Vielleicht bedarf es eines Dieter Thomas Heck, dass ein NDW Revival überhaupt Sinn machen würde?! Vielleicht bin ich aber einfach auch zu starr subjektiv, was dem Umstand geschuldet ist, dass ich selbst den späten NDW Nachläufern in den '90er Jahren schon nichts abgewinnen konnte, während ich als Kiddie wenigstens noch Hubert Kah oder Trio cool fand und das auch nur weil sie eben anders waren (auch musikalisch). Anders bzw. GANZ ANDERS sind The Döftels auf jeden Fall, was nicht zuletzt der inhaltlich "Fred vom Jupiter" zugeneigte Song "Orbiterflug" (Track 3) unterstreicht. Ich bin mir absolut sicher, dass sich die Älteren unter euch zeitzurückversetzt vorkommen werden, denn auch hier herrscht NDW pur.

Wenigstens geht zumindest "Roboterliebe" (Track 4; Anspieltip I) mit viel Optimismus und hoher Schmerzgrenze (bzgl. der typischen Radiomucken meiner Kindheit) halbwegs in Ordnung. Stilistisch typischer '80er Jahre Pop. Und dann kommt endlich der Song "Tanzen" feat. Cosma Shiva Hagen (Track 5; Anspieltip II). Man sollte natürlich keine Nina Hagen-Kopie von Cosma Shiva Hagen erwarten, sondern ihr das Unikat ihrer eigenen Stimme zugestehen. Musikalisch bleibt es im '80er Pop/NDW Schnitt, was dem Imagekonzept der Döftels zuspielt. Saturday Night Fever/Columbo Style fährt darauffolgend bei "Deine Mutter" (Track 6) mit. Selbst Dieter Thomas Kuhn dürfte spätestens bei diesem Song vor Neid mit Schmackes in die Tischkante beißen. Man fragt sich allerdings warum The Döftels nicht auch dem ewig polarisierendem Wendler ein wenig Stressbeat mitgegeben haben? Dass man zumindest Falco Tribut zollt, hört man "Konjunktur" (Track 7; Anspieltip III) deutlich an und reicht zu etwas Strohhalmrettung. Ob Falco diesen Song gemocht hätte? Klaus Farin auf jeden Fall.

Wenn mann dann so gar nichts mehr erwartet, geht der Gitarreneinsatz zu Beginn von "Minusmensch" (Track 8) sogar als "überraschend" durch. Stilistisch kann man "Minusmensch" sogar der heutigen Zeit zuordnen, zumal man ein klein wenig an MIA denkt. Auch "Stressklub" (Track 9) bleibt in dieszeitlichen Breitengraden, tönt dabei allerdings etwas Pop-Rockiger. Mit "Schere, Stein, Papier" (Track 10) geht der offizielle Teil des Albums ins Finale und damit für meine Ohren eher belanglos NDW abgefärbt/abgeblasst ins Seitenaus. 

Paradoxerweise kommt mit der Bonusabteilung etwas mehr Flow auf, denn der Bonustrack "Orbiterflug (To The Mars)" (Track 11; Anspieltip IV) hat schon eher etwas für sich, was am besseren Flow und dem zeitgemäßeren Clubsound liegt, was auch für "Tanzen! (Single-Version)" (Track 12; Anspieltip V) gilt.  

Für die Mainstream-Radio-Großclub-Party-DJs/DJanes dürfte dieses Album durchaus unumgänglich sein, für alle sonstigen Independent Partys würde ich eher Mucke empfehlen, die mehr Bezug zur Realität hat, wie z. B. die von Bands wie Grossstadtgeflüster oder Jennifer Rostock. The Döftels jedenfalls hätten tatsächlich bestens in die frühen '80er Jahre gepasst, ob deren Konzept/Plan aufgeht, wird man sehen, auf Veranstaltungen wie dem Hamburger Schlagermove, Après-Ski Partys oder auch auf Malle am sogenannten "Ballermann" dürften The Döftels allerdings gut aufgehoben sein. Fazit für mich ist, dass man deutlich mehr frische Ideen hätte erwarten dürfen.

V.Ö.: 27.10

 

4,0/10 Schafe Schüsse

(My Redemption Records/Cargo Records/Rough Trade 2.017)

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Danny B

Schaf Schüsse: 

4
Eigene Bewertung: 4

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