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CAPTAIN'S DIARY "Zeitraffergeschichten"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

10-2017

Label: 

Genre(s): 

Wenn ein Matze Rossi mit seinem Label einen Muckekollegen signed und herausbringt, hört man mindestens mal rein. So tat ich es im Vorfeld auch und hatte in folgedessen vor einiger Zeit das neue Captain's Diary Album auf dem Tisch, um mal genauer hin-/reinzuhören.

Des "Captains" (Sebastian Müller) erste Gehversuche sind auch schon satte 18 Jahre, die er zum damaligen Zeitpunkt (*1.999) selbst noch nicht einmal inne hatte. Jimmy Eat World, Get Up Kids, NOFX, Satanic Surfers sind nur einige der Ersteinflussgeber des damals 17 Jährigen. Während er auf seinen beiden ersten D.I.Y. Scheiben "First Dreamy Thoughts" (*2.003) und "...The Way I See The World" (*2.007) sich noch in Englisch ausdrückte, änderte sich 2.011mit dem dritten Album "Niemals jedem recht" (das übrigens zeitgleich mit diesem Album re-released wird) zugunsten seiner Muttersprache und der weitläufigeren Verständlichkeit der Texte. 

Doch wie das bei mir öfter schon der Fall war, ist auch dieses Album namens "Zeitraffergeschichten" der Einstieg in des Captain's Log- bzw. Tagebuch, das mit "Herzen auf Zungen" (Track 1) die Tür öffnet und mich dabei in das stimmige Artwork abtauchen lässt, in dem auch die Songtexte abgedruckt sind. Schon unter der CD sticht das Zitat hervor "Ick kann das nicht. Auf Knopfdruck funktionieren." (*aus "Ich kann das nicht"), was direkte Grundsympathie einfährt, während mich die Mucke spontan (beim Erstdurchlauf) ein wenig an eine etwas popigere Variante von Matze Rossi denken lässt, ohne eine Kopie zu sein. Aber auch Judith Holofernes (*Wir sind Helden) kommt mir stilistisch in den Sinn, immer wieder, zumindest zunächst. Alles in Acoustic Pop Horizontweiten. Aber auch kleine Einflüsse aus dem '80er Pop hört man mal raus - "Teufel Angst" (Track 2). Clevererweise kommen die Melodien sehr rund ans Ufer und lassen dieses Schiff sanft schaukeln, was von den Funkelspielen der Wellen, in denen sich die Sonne spiegel via dezentem Gitarrepart gegen Songende komplettiert wird. 

"Warum" (Track 3) Frage-Songs hat sicher jeder schon mal gehört, mindestens in sich selbst, wenn es mal (wieder) nicht so prall liet. Captain Sebastian Müller lässt hier Blicke unter seine ganz eigene Oberfläche zu und dürfte damit manchem/mancher aus der Seele sprechen. 

Erst "Hinter mir" (Track 4; Anspieltip I) bringt etwas mehr catchy Wind in die Segel und lässt, trotz sehr ähnlicher Instrumentalzutaten, sogar teils episch-verträumtes Flair aufkommen, was ein deutliches Plus ist - "...speak louder than your heart." - wer dabei nicht mit etwas Wehmut an jemanden denkt, der immer mal wieder im Herzen der Seele gedanklich anklopft, hat so etwas noch nicht erlebt. Zwar nicht erst an dieser Albumstelle, aber hier doch sehr intensiv, bemerkt man die Bilder, die Sebastian Müller mittels seiner teils geschichtenartigen Songs malt. Aber auch ganze penetrante Farbgebungen der Realität haben ihren Platz auf "Zeitraffergeschichten", so wird in "Was übrig ist" (Track 5; Anspieltip II) das Thema "Homophobie" zur Sprache gebracht - "John Lennon hatte recht. Don't hate what you do not understand... der stete Tropfen höhlt den Kopf." - echt stark-, aber einfach umgesetzt! 

Natürlich ist es notwendig auch solche Themen anzupacken, bevor sie innerhalb dieser Zeiten dumpftönend ausufern, dennoch wäre es schöner, wenn die Menschen entspannter wären und diese Welt so angenehm frei und einfach wäre wie in "Roboter" (Track 6; Anspieltip III), was irgendwo zwischen "Something In The Way"-Feeling und dem selbsttönenden "Vor allem lass ich mich nicht dirigieren." das Herz erreicht. 

Naturgemäß gibt es allerdings auch Stücke, die (zumindest mich) nicht so erreichen, wie das bei "Ich kann das nicht" (Track 7) und "Höchstens gut gemeint" (Track 8) rein musikalisch(!) der Fall ist. Es ist eben nicht immer ganz so einfach ein komplettes (eher im Acoustic Pop) stilfahrendes Schiffsalbum an die vielen Ufer zu bringen. Ganz anders geht es mir mit "Ich hab es satt" (Track 9), wo es musikalisch wieder interessanter und abwechslungsreicher zugeht. Von den Texten her mag ich den Stil und die Bilder von Sebastian Müller durchweg, worauf man zukünftig weiter aufbauen kann, zumal es ganz sicher auch vielen Anderen so gehen wird. Und auch beim Türschließer "Im Schlafanzug gerannt" (Track 10; Anspieltip IV) finde ich teilweise längst verdrängt-vergessene "Zeitraffergeschichten" wieder, die nicht jede/-r so erlebt- und hinter sich hat. Das Schöne an dem Song, dass allein der Satz "Wir sitzen in 'nem Kettenkarussell, das uns jederzeit rauswerfen kann." einiges auf den realen Punkt bringt, während man ihn auch auf die Entwicklung(en) in unserer Gesellschaft beziehen kann. 

"Zeitraffergeschichten" ist eines dieser Alben, die man direkt auf den MP3 Player zieht, um auf den Wegen durch den Alltag (oder noch besser auf längeren Fahrtstrecken) ein wenig im Herzinnern schwimmen zu gehen. Klasse Album über weite Strecken. 

6,87/10 Schafe Schüsse

(Dancing In The Dark Records/Broken Silence 2.017)

http://captainsdiarymusic.tumblr.com/

https://www.facebook.com/captainsdiary/

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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