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BITUME "Die Entscheidung"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

06-2021

Label: 

Genre(s): 

"Groß, hochmelodiös, zwischen schnell und mächtig, emotional und tief wie die See." tönt der letzte Satz der Beiinfo zu diesem Album der Oldenburger Bitume vor, die bereits im 21. Bandjahr (* gegründet im Winter '99/2.000) sind und bislang schon 13 Releases (inkl. Split, EP etc.) veröffentlicht haben. In 21 Jahren nun das 14. Release am Start zu haben, das spricht selbstredend für Bitume, wenngleich mein ganz subjektiver Gesamteindruck aus Optik, Titeln und bisherigen Erfahrungen mit großen Worten im Infosheet mich vorab vom Grundfeeling her eher befremdelte, sollte dieses Album dennoch eine faire Chance bekommen unvorbelastet und frei zum Zuge zu kommen. 

"D21" (Track 1) meint vermutlich unser Land und kommt mit griffigem-, zeitgemäß produzierten Punk Rock Grundstil daher. Mein Ersteindruck vom Gesang von Christian "L. Brady" Maasland (auch git.) war, dass mich dieser ein klein wenig an Slime Sänger Dirk "Dicken" Jora (*seit wann ist der eigentlich nicht mehr bei Slime? Lt. Wikipedia ist der im Jahr 2.020 ausgestiegen; habe ich überhaupt nicht mitbekommen, WTF?!?) erinnert(e), während der Rest eine Mischung aus Punk Rock und dem, was Punk Rock Ambitionen hat, aber eher undefinierbar in der Weite deutschsprachiger Bands rumdümpelt, ist. Man muss Bitume aber definitiv gutschreiben, dass diese Jungs inhaltlich keine Lücken für seltsames Publikum offenlassen. Dass man auch schon mal privat sowohl Ska, wie auch Crossover zugeneigte Kost wie z. B. Swiss Und Die Andern, vielleicht sogar Alles Mit Stil(?), offen gegenübersteht, lässt das Albumtitelstück "Die Entscheidung" (Track 2) erahnen, was insgesamt 'ne klassische Andocknummer ergibt, die auch Neuhörer näher in Richtung Boxen ziehen dürfte. Für meine Ohren ist das "Protestlied" (Track 3; Anspieltip I) der erste potenzielle Sofortzünder, bei dem auch etwas Metal auf den Saiten mitläuft, allerdings ohne zu Metal sein zu wollen. Mit viel Attitüde und Bang-, sowie Pogoaffinität geht es hier punchig bis schroff auf scharfgestellt, granatenmäßig zu - so wie ein "Protestlied" letztlich auch mindestens sein sollte, wenngleich man jetzt weder HardcorePunk, geschweige denn CrustPunk erwarten sollte. ;-)

Vom Kernstil bleiben Bitume dem Punk Rock treu, der teils leicht tänzelnder Schritte vorangeht, inkl. modern ausgelegter-, zwischenverwobener Ska/Reggae Rhythmenmischung - "Applaus für den Punk" (Track 4). Insgesamt (vor allem nach hinten raus) bleibt so eine Art Tote Hosen/Pop Punk Rock Eindruck hängen, der mich etwas unentschieden bleiben lässt. Definitiv mehr Rotzrock (Attitüde) hat "Antisozialkompetenz" (Track 5; Anspieltip II) im Gepäck und geht schön offensiv nach vorn und reiht sich in die Reihe der "Mittelfeld Punk Rock Bands" ein, die das Bindeglied zwischen Underground und den Besserverdienerbands mit Leben füllen. Die Inhalte gehen dabei zwar nicht am Ohr vorbei, machen es aber bislang ohne Texte zum Mitlesen eher schwierig alles vollumfänglich rauszuhören, was sich erst bei "Los lauf!" (Track 6; Anspieltip III) ändert, da es u. a. das Arrangement eher zulässt etwas ad hoc rauszuhören. "Los lauf!" entpuppt sich dabei selbsttönend ebenfalls als ein Sofortzünder und weist Singlequalitäten auf. Mit einem Stück wie diesem kann man Bitume locker auch diversen Radiosendern anbieten, um auf Ohrenfang zu gehen. Allemal erfrischendere Kost als so manch' andere als "Punk Rock" betitelte Band, die auch nur zum tausendsten Mal Blink-182, Lagwagon etc. kopieren/wiederkäuen. 

Die Arbeit mit anderen Arrangements steht Bitume auf jeden Fall bestens zu Gehör, wie auch "Alte Liebe - altes Kleid" (Track 7; Anspieltip IV) unterstreicht. Zwar kommen hier auch mal etwas popigere Elemente zu tragen, sind dafür aber clever eingeflochten, so dass der Flow, trotz unterschiedlicher Tempi, nicht versackt. Inhaltlich geht es (wie man erahnen kann) um eine unverarbeitete Lovestory mit etwas Wehmut im Blickwinkel. Hier werden sich vermutlich viele Hörer/-innen direkt zu Hause fühlen und das nicht nur, weil sie selbst noch diese eine (oder andere) Story in Kopf und Herz haben, die Fragen hinterlassen hat. Ob es wie in der Modewelt tatsächlich so ist, dass jedes Kleid auch einen Zweitfrühling bekommt, sei dahingestellt und bleibt jedem/jeder selbst überlassen. Musikalisch auf jeden Fall ebenfalls auf der Highlight-Seite dieses Albums. 

Leider fällt "Das Gedicht" (Track 8) nicht unbedingt in diese subjektiv empfundene Abteilung, wenngleich man hier weder Frische, Tempo, geschweige denn gute Ansätze als Kritikansatz anführen kann. Aus meiner Sicht eines dieser Stücke, die man quasi mal schnell einstreut, nicht mehr und nicht weniger. Ich hätte mich gewundert, wenn es kein Stück auf diesem Album gegeben hätte, das punk-traditionell vom Basslauf intoniert wird, haha - "Der Abzählreim" (Track 9; Anspieltip V) - ohne jetzt steiffest behaupten zu wollen, dass Bitume im Studio daraufhin gearbeitet haben, dass es ohne dieses "Tradition" in den Weiten der Punk Rock Welt nicht ginge. Zwar frage ich mich nach so vielen Jahren in der musikalischen Welt, welchen Intonierungsbasslauf ich selten bis noch gar nicht gehört habe, aber das soll an dieser Stelle egal sein. Die Idee des Textaufbaus ist zwar nicht unbedingt neu, aber immerhin sehr zeitgemäß und alles-, nur nicht langweilig, umgesetzt. Wer genau hinhört, kann dabei so einige Themen rausfischen, die unseren Alltag (teils nicht gerade rühmlich) ausmachen. 

Der Bogen diesen Albums spannt sich in eigengetönter Spannung, was auch das musikalisch stark Green Day-eingefärbte "Das ICH spricht" (Track 10) einmal mehr unterstreicht. Nimmt man diesen Titel in den Kontext zum Finalstück "Gott ist tot!" (Track 11) könnte man eine Tribut-Reminiszenz an die Gothband Das Ich vermuten, deren "Gott ist tot" einst zum Tanzflächenfüller diverser Gothic Partys wurde (was bis heute so ist). Ob Bitume an diese Verbindung dachten, bezweifle ich zwar stark, aber vielleicht ist dem ja zufällig doch so? Vom Beginn her denkt man kurz an die Larrikins, was allerdings nur zu Beginn kurz der Fall, denn dank der Stimmfarbe von Christian "L. Brady" Maasland schließt sich auch hier erneut etwas Slime Erinnerung mit ein, während dieses Album damit ein angenehm rundes Finale mit dem sehr treffenden Satz "Ich kann diese Menschheit schon lang nicht mehr verstehen." einfährt. Wenn Ihr gut auf Betontod könnt, könnten Bitume auch etwas für Euch sein.

V.Ö. 25.06. 21

 

7,0/10 Schafe Schüsse

(Rookie Records/Indigo/The Orchard 2.021)

https://www.bitume.de/

https://de-de.facebook.com/Bitume99

https://bitume.bandcamp.com/

Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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