22. & 23.06.18 MATALPALOZ @ Leipziger Messe, Leipzig
mit: Böhse Onkelz, Megadeth, Arch Enemy, D-A-D, Pro Pain, Beasto Blanco (22.06.18)
+ (*"El Barrio" Bühne) Los Tioz, Freak Show
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Böhse Onkelz, In Extremo, Rose Tattoo, Haudegen, Phil Campbell & The Bastard Sons (23.06.18)
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Die letzten Töne, die über das riesig erscheinende Matapaloz-getuned-ten Messegelände schallten, sind längst verklungen, bewusst ließ ich den Nachhall dessen, was ich dort erleben durfte, noch ein wenig durch die Tiefen meines Daseins vibrieren. Wie der Motorblock eines V8 schnurrte sich all' das, was nun folgt nach und ließ sich in der inneren Abteilung unvergesslicher Erlebnisse nieder.
Bereits am 21.06.18 begab ich mich per Zug ins Nachbarbundesland und weiter per Auto in Richtung Leipzig (*Danke noch mal Maria und Sven!), nicht früher Vögel und Würmerjagd wegen, sondern um einen Vorabtermin in Leipzig wahrzunehmen und eine enge Freundin des Hauses zu besuchen/wiederzusehen. Leipzig bot bestes, angenehmes Sommerwettter, zumindest größtenteils und man mochte nicht so recht glauben, was das Wetter des anstehenden Wochenendes dann in lazy Motivationsstimmung hergeben sollte.
Von der ca. 16 km von Leipzig entfernt gelegenden Kleinseelengemeinde Krensitz ging es noch vor 12 Uhr am ersten Festivaltag los in Richtung Neue Messe Leipzig. Frisch geduscht und mit Jacke(!; mitten im Sommer) UND Kapu (*=Kapuzenpullover) war ich bestens beraten für einen wettermäßig wirklich seltsamen Wetter-Turn gewappnet.
Die Leipziger Messe... "und mit 'm Lutscher inner Fresse kommen 'se von der Leip'zscher Messe, von den blauen Bergen kommen wir..." hallte es beknackte Kinderlieder von einstigen DDR Kindheitheitstagen in mir hoch und runter wie das Mantra eines schlechten Films, hahaha. Manchmal hat das Hirn seine eigene Synapsen-Flashback-Party und rattert wie Marty McFly durch die lebendigen Erinnerungen durch die Vergangenheiten. Der guten Stimmung tat es allerdings keinen Abbruch.
Am Messegelände sollte ich eigentlich einen Freund des Hauses treffen, der extra aus Rostock anreisen würde, in dessen Auto wir pennen wollten, doch wie das Leben so spielt(e), kam es erstens anders und zweitens als gedacht. Bereits während ich bereits vor dem Einlass stand und innerlich mit den Hufen scharrte, dass man reingelassen würde (gegen 13:00 Uhr sollten nämlich die "Los Tioz" spielen), erreichte mich der Anruf meines Kollegen aus Rostock, der auf Höhe Fehrbellin (*gar nicht so weit von Berlin) liegen geblieben war... er wartete auf den Abschleppdienst. Wie sich später herausstellte sei es ein Motorschaden gewesen. Man schleppte ihn die ganze Strecke nach Rostock zurück. Nicht nur mega bitter, sondern krasser unglaublicher Scheiß, der irgendwie nur einem wie mir vor die Füße gekotzt werden konnte. Somit war meine Nachtlagerplanung dahin, noch bevor das "Matapaloz" überhaupt willkommen hieß. Extrem blöd, zumal man dementsprechend innerlich unentspannt die Flügel kurz mal hängen ließ... Abhaken, egalisieren und ab durch den Einlass und direkten Weges ins "El Barrio" und damit in eine andere (Parallel-)Welt hinein.
Der "lange Weg" (unfreiwilliges Wortspiel) dahin führte am riesigen Glasbau der Neuen Messe vorbei, der etwas von einer Kreuzung aus riesiger Gewächshausarchitektur und dem Tropical Island (in Miniausgabe quasi) an sich hatte. Einige der Besucher pissten erstmal die ersten Biere am Wegesrand raus. Vielleicht hätte man besser bereits in dieser Pufferzone zwischen General-Einlass und "El Barrio"-Einlass ein paar Dixies platzieren sollen? Andererseits war ich letztlich auch etwas erstaunt, dass der Einlass gefühlt etwas spät freigegeben wurde. Nun ja, Ersteindrücke eben. ;-)
Dafür entschädigte das Bild, bzw. die Parallelwelt, die einen wie ein Sog mit leichten Flügeln überzog, als man in diese "El Barrio" Welt eintauchte/einlief. Eyecatcher wohin man auch sah und mittdendrin kommt "El Barrio" Designer/Künstler Pablo motorisiert herangeknattert und scheint noch einige Dinge checken zu wollen. Vielleicht wollte er aber auch just ein Bad im sich mit Menschen füllendem "El Barrio" nehmen?
Zunächst dachte man so gar nicht daran das Gelände hinter dem El Barrio-tischen Horizont auch nur anzutesten/auszuchecken, im Gegenteil man verblieb direkt im packenden Sog der "El Barrio" Welt, an der eher verhältnismäßig kleinen Bühne auf der die "Los Tioz" wenig später spielen sollten. Ich war wirklich gespannt, vor allem auf die Setlists, die geboten würde. Sicher war nur eines, sie müssten so scharf sein wie eine in Benzin getränkte Zündschnur - nicht nur die von den Onkelz, sondern, sofern das "Matapaloz" vor den Besuchern bestehen wollte, von ALLEN Bands!
Die Onkelz selbst hatte ich seit Dortmund, Ende 2.016 nicht mehr live erlebt und war gespannt, ob sie immer noch so agil über die Bühnen flitzen würden? Die Vorspannung, die sich im stillen Unterholz wie ein Schwelbrand ihren Weg bahnte, wurde dann von den vier "LOS TIOZ" souverän gegen 13:30 Uhr in etwa aufgenommen und mal eben ein kleines Abwatsch-Inferno via einer Setlistensonderklasse entfacht als sei es der ganz "normale" Wahnsinn. Tja ja, da hatte jemand ein Paket zurechtgeschnürt, das direkt in die frühen '90er Jahre bzw. genau in die späten '80er zurückverfrachtete und einen dort abstellte. Wiederkehr erst am Ende - als wolle man breit grinsend sagen: "Nimm' das!". Und man nahm dankbar an - "Guten Tag" fügte sich (auch textlich) bestens in die "El Barrio" Welt ein, was auch "Dunkler Ort" hätte sein können, es aber weiser Weise nicht war, da H.R. Giger (R.i.F.) stilistisch noch einmal eine ganze Nuance tiefdunkler kam. Das "El Barrio" hingegen war eher eine Art Reminiszenz an die "Mad Max" Welt der Originalfilme, was letztlich super passte, zumal Rose Tattoo auch Teil des "Matapaloz" 2.018 waren.
Jede/-r hat von den Onkelz Liedern seine eigene, persönliche Favoritenliste in sich, die man gern hören würde. Ich persönlich bin ja schon froh, wenn auch mal eine Hand voller Songs zum Zuge kommen, die selten bis nie live gespielt werden. "Gehasst, verdammt, vergöttert" ist aus diesem Blickwinkel betrachtet keine große Überraschung und kam eher jüngeren Fans zugute. Dass ich je "Keiner wusste wie's geschah" live hören würde, hätte ich mir allerdings gewiß nicht im Entferntesten träumen lassen. Und immer im Anschlag das Gefühl, dass hier keine Routine vorherrschte, weder auf-, noch vor der Bühne. Zugegeben das erste Tageshighlight, während sogar ab und zu Sonne von oben herab schien und die recht frischen, herbstgefühlten Temperaturen besänftigte. Auch "Signum des Verrats", das hier etwas mehr vom Originalflair mitbrachte, stimmte auch ohne Bier im Hals freudig. Genauso wie "Buch der Erinnerung" zum inwendigen Durchblättern der eigenen Lebenswege brachte. "Wie lange war/ist das alles her?" fragte ich mich gedanklich leise, während mich das Lied einwickelte und mit eigenen Erinnerungen wärmte. Das erste- und letzte Mal hatte ich diesen Song (meine ich zumindest) auf dem allerersten besuchten Onkelz Konzert in Geiselwind am 1. Mai 1.993 gehört. Damals mit einem bärtig-blassen Kevin Richard Russell. An diesem 22. Juni 2.018 aber stand da ein fast kurzhaariger, lebensfarbener Mann am Mikro, der fit wirkte als hätte er die PumpUp Sneaker an, während Gitarrist Gonzo bereits zu dieser "frühen" Mittagsstunde seinem "Gitarrengott" Ruf wieder einmal mehr als gerecht wurde. Selbst Rock-Bretter wie "Keine ist wie du" und "So sind wir" machten Spaß wie lange nicht, trotz dessen, dass sie mehr Liveeinsätze in der Vergangenheit zu verbuchen hatten.
Witzig, dass nicht die Onkelz, sondern die "Los Tioz" es waren, die "Der nette Mann" wieder hervorholten und dem Lied seine Daseinsberechtigung wiedergaben. Gerade jetzt erst wurde der Skandal in Kreisen der armerikanischen Kirche bekannt - "nett" waren die Täter nach außenhin alle (nur zu ihren Opfern nicht) und Männer auch, für manch' eine/-n waren sie (die "netten Männer") nun einmal tatsächliche, bittere Realität von nebenan. Eines Tages wird sich die Behörde, die diesen Song explizit verboten/indiziert hat, einer neuen Diskussion bzw. einem öffentlichen Verlangen stellen müssen, dass man das Verbot dieses einen Songs aufheben muss, weil hier nichts anderes als eine Realität beschrieben wurde, wie es sie heutzutage um ein Vielfaches schlimmer gibt. Da passte die "Stunde des Siegers" nicht nur gedanklich bestens ins Set. Vom Feeling her kamen hier Qualitäten auf, die den Erfolg der Böhsen Onkelz einst erst zementierten, eben weil hier ein rauher Charme zurück nach Hause kehrte - "Ich lieb' mich". "Ich lieb' mich" war dann auch die erste waschechte Punknummer aus der ganz frühen Zeit der einstigen FaM Kids. Unerwartet war die Songauswahl. Unerwartet gut. Okay, "Mexico" hätte ich persönlich nicht unbedingt bevorzugt, aber gut, wer bin ich, dass ich mir etwas zu wünschen anmaße?! Dennoch träume ich noch davon eines Tages "Fußball + Gewalt" zu hören, weil es zu Zeiten der Entstehung im Fußball auch noch um das Spiel selbst ging und nicht um die Ablösesummen etc., wenngleich das nicht Inhalt des Liedes ist, so verbinde ich damit doch auch eine gewisse natürliche Härte dieser Sportart, die früher gegeben war. Da gab es auch noch viel mehr Biss und Willen unter den Spielern selbst. Naja egal, das würde jetzt zu weit führen. ;-) Ehe man sich versehen hatte, waren die "Los Tioz" genauso schnell wieder von der Bühne wie sie gekommen waren. Übrigens fuhren sie im Krankenwagen-Shuttle zu ihrem Gig, stilecht, haha.
Man hatte nun Zeit sich ein wenig mit dem gesamten Festivalgelände vertraut zu machen, etwas zu essen oder auch schon einmal ein Bier anzutesten. Ich lief erst einmal einige El Barrio Stände ab, mit Zug in Richtung Infield, das eine Art Gate (Tor) aus Schiffscontainern bot, das im Graffiti Style gigantisch wirkte und man auf keinen Fall von einem dieser Dinger begraben werden wöllte - zumindest war das einer meiner ersten Gedanken beim Anblick dieses Stahlmonsterdingens.
Das weitreichende Gelände hatte den Vorteil, dass sich die Menschenmassen angenehm verteilten und man auch nicht das Gefühl bekam keine Bewegungsfreiheit zu haben, im Gegenteil, es fühlte sich super locker an und bot damit eine wirklich klasse Basis, um das Festival locker genießen zu können. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das je über ein Festival dieser Größenordnung mal sagen könnte.
Mit BEASTO BLANCO (14:30-15:05 Uhr) begann das musikalische Leben im Infield. Die gigantische Bühne, die vom Design her erst mit Einbruch der Dunkelheit ihre volle Komplettwirkung (dank der Spots auf die Bühnenumrahmungen) entfaltete, wirkte kaum fassbar, wenn man im vorderen Bereich der Wellenbrecher stand. Zwar hatte ich mir fest vorgenommen wenigstens kurz einmal einen Blick von den Tribünenplätzen anzutesten, verwarf dies' aber mit dem fies auffrischendem Wind und immer wiederkehrenden Regenschauern schnell wieder. Dieses Mal hatten Beasto Blanco auch Calico Cooper (*Tochter von Alice Cooper) mit dabei und legten einen super Openerslot hin. Highlights waren "Feed My Frankenstein", "We Got This" und "Live Fast Die Loud". Beasto Blanco lebten vom starken Sound und den kraftvollen Stimmen. Hut ab, dass sie ihre Show, trotz der Temperaturen in ihren gewohnten Bühnenoutfits durchgezogen haben. Ich bin gespannt, ob sie 2.019 auch im Billing anderer größerer Open Airs auftauchen? Verdient hätten sie es allemal.
In dieser Matapaloz Auflage steckte so einiges an Rückbesinnung in Sachen "Auf gute Freunde" des mittlerweile zum globalen Dach angewachsenen Onkelz Hauses, unter dem sich auch Gary Meskil und seine Band PRO PAIN (15:25-16:10 Uhr) bereits 1.998 als damaliger Supportact der Onkelz Tournee einen Platz im Herzen der vier Frankfurter erspielten. Genau 20 Jahre später enterten sie nun die Bühne des "Matapaloz". Für meinen (subjektiven) Geschmack hätten Pro Pain definitiv höher im Billing stehen dürfen, vielleicht sogar müssen? Denn was Pro Pain beim "Matapaloz" ablieferten, war eine der besten Pro Pain Shows, die ich je gesehen habe. Und das sage ich im Bewusstsein, dass ich noch keinen schlechten- oder lahmen Pro Pain Gig erlebt habe. Vor allem die starken, hartgebretterten Groovemonster vom aktuellen Album "Voice Of Rebellion" punkteten 1000%ig. Ob "Voice Of Rebellion" (recht früh im Liveset), "Age Of Disgust", "Fuck This Life" oder das bei Regen beschließende Onkelz Cover "Terpentin", das sein Liveset-Comeback feierte, waren Geschenkgaben pur! Gary Meskil holte stimmlich die volle Breitseite Energieschub aus sich heraus, während seine Bandkollegen bestmöglich die doch recht große Bühne ausloteten und zu bespielen versuchten. Pro Pain stellten damit unmissverständlich klar, dass sie neben Obituary eine der besten Livekonstanten auf diesen Planeten sind. Einmal mehr wirkte sich Demut aus, dass Gary Meskil nur ein Jahr nach dem versuchten Todschlag (inkl. Überfall) stärker denn je zuvor im Lebenssaft zu steht und noch immer das volle Herzblut über seine Stimmbänder powern lässt.
Von der musikalischen Kontrastmischung her ist man bereits seit Mitte der '90er Jahre (man denke nur an das "Northeim Calling" Festival 1.995) einen bunten Stil-Crossover seitens der Bands gewohnt, die im Rahmenprogramm der Onkelz auftaucht(t)en. Zu diesen Bands gehör(t)en meist auch persönliche Vorlieben der Einzel-Onkel(z) selbst. D-A-D z. B. (was ja hinlänglich bekannt ist) sind eine der Bands, die Stephan Weidner in seiner All Time Favorite List hat. Ich persönlich habe D-A-D irgendwann einmal irgendwo eher beiläufig spielen gehört, ich meine dass es 2.001 in Wacken war, bin ich aber letztlich nicht sicher. Ich hatte mir fest vorgenommen den Dänen eine verdiente, bewusste Chance einzuräumen und sah mir deren Auftritt direkt im anschluss an Pro Pain an.
Ziemlich pompös wirkte die riesige Deko-Couch, die mit dem Schlagzeug zu verschmelzen drohte, während Bassist Stig Pedersen in pinken Ganzkörperanzug, inkl. zweisaitenbespannter Bassgitare in Form eines eisernen Kreuzes (Lemmy [R.I.P.] hätte ihm das Teil definitiv sofort abgezockt) zum bewegten Blickfang mutierte. Bevor hier nun irgendwer den erhobenen, moralischen Zeigefinger zückt, sei angemerkt, dass man die gnadenlose Satire des gesamten Bühnenoutfits von Pedersen betrachten sollte, die jeden Nazisympathisanten direkt eine Absage erteilte.
Leider steht im harten Kontrast dazu die traurige Tatsache, dass die Security in Leipzig stellenweise, ganz entgegen des sehr ernsthaften, verantwortungsvollen Umgangs seitens der Onkelz selbst in Sachen Einlassauflagen bzgl. bestimmter Symbole und Klientel, auch Fehler passiert sind. Anders konnte ich mir nicht erklären, dass z. B. Typen mit der in einschlägigen Kreisen getragenen Klamottenmarke "Thor Steinar" aufliefen. Wenn selbst eine bestimmte Südtiroler Band (die ich nicht einmal mag; weder musikalisch, noch anderweitig) diese Marke auf die schwarze Liste nicht einzulassener Marken gesetzt hat, könnte man davon ausgehen, dass das bei den Onkelz ohnehin nicht auf's Gelände kommt.
Als mir später ein Bekannter von einer weiteren Begebenheit erzählte, bei der er sogar einen Security ansprach und darum bat einen Typen doch bitte des Geländes zu verweisen, der die Reichskriegsflagge frei zur Schau trug, und dieser Security allen ernstes antwortete, dass das erlaubt sei, ließ das nicht etwa die Onkelz, denn man weiß wie die Onkelz auf solche Art Klientel reagieren, sondern die für das "Matapaloz" engagierte Security Firma nicht gerade gut dastehen. Gerade in Sachsen hatte Stephan Weidner in der Vergangenheit unmissverständliche, eindeutige Ansagen gegen jegliche rechte Klientel und deren Seellenfänger gemacht. Leute, die mit solchen Symbolen zu einem von den Onkelz ausgerichteten Festival kommen, sind demnach keine Freunde der Band, sondern eher hohlbirnige Gegner, die einem Phantom hinterrennen und den Onkelz bewusst schaden wollen.
"Eigentlich" hätte ich nach all' den Jahren (mit Blick auf die '90er Jahre; wie auch sehr umfangreich im kürzlich erschienen Hörbuch "Danke Für Nichts" sehr offen geschildert) solche Art Begegnungen auf einem Onkelz Konzert bzw. Festival definitiv nicht mehr erwartet, deshalb sollte diese Kritik auch konstruktiv zu verstehen sein, denn mit dem Darüberhinwegsehen können ganz bittere Wege beginnen, wie wir alle wissen (sollten).
Doch zurück zu D-A-D. Ich ließ mich also auf deren "Monster Philsophy" ein und stellte im Setverlauf fest, dass die Dänen live verdammt gut rüberkommen. Schöner old schooliger Hard Rock, der musikalisch bestens in die Schnittmenge von AC/DC (stilistisch eher zur Bon Scott [R.I.P.] Ära-) und Rose Tattoo passte. Gerade nach der harten Pro Pain Kante sorgten D-A-D hier für schön rock-rostige Auflockerung.
Das Wetter schien sich auch aufzulockern, zumindest kurzzeitig, als ARCH ENEMY (17:40-18:40 Uhr) die Bühne enterten. Dass man es bei Arch Enemy mit einer mittlerweile global anerkannten-, fest etablierten Metalband zutun hatte, machten bereits die ersten Töne direkten Weges unmissverständlich klar. Zwar hat man irgendwie noch immer Angela Gossow (*bis 2.014 Arch Enemy Fronterin) im Hinterkopf, allerdings schaffte es Alissa White-Gluz auf sehr professionelle Weise das teilweise eher Arch Enemy-fremde Publikum einzusacken. Vor allem die Fans derberer Metaläxte aus dem Death-/Thrash Metal Bereich konnten hier ihren Fahrschein abholen.
Das war bei MEGADETH (19:00-20:15 Uhr) dann schon eine etwas andere Fahrkarte. Das Wetter frischte deutlich auf und stellte auf Föhnwelle, teilweise sogar auf Regen um, womit Megadeth vom Grundfeeling her deutlich schlechtere Karten innehatten. Mustaine knurrte ins Mikro wie ein unzufriedener Hund, der seinen Knochen nicht herzugeben gewillt ist. Waren Megadeth auch früher schon immer ein wenig im undankbaren Schatten der Big Four des amerikanischen Thrash Metal verblieben, musste man ihnen auf dem Matapaloz doch auf jeden Fall Respekt zollen, immerhin kennt man die Klassiker "Symphony Of Destruction", "In My Darkest Hour" und "Peace Sells" mindestens, wenn man auch Metal hört.
Zwischendurch bewegte ich mich auch ein wenig über's Infield, um auch den Sound und das Gesamtbild mal aus anderen Blick-/Ohrenwinkeln anzuchecken. Zudem hält Bewegung warm, was angefühls der doch herbstlichen Temperaturen nötig war. Gerade im Falle eines durchaus möglichen Dauerregens, fehlte z. B. ein kleines Areal, das überdacht wäre, vielleicht hätte ein kleineres Bierzelt (wie man es, lt. Überlieferung z. B. auf dem Lausitzringkonzert für Coverbands am Start hatte) Sinn gemacht?! Das sei allerdings just als kleine Anregung mitgegeben.
Da (wie eingangs erwähnt) mein Kollege quasi verhindert war, organisierte ich schon ein wenig für den nächsten Tag vor. Gegen 11:00 Uhr am nächsten Tag würde mich die Leipziger Schwester meiner lieben Freundin, die ich in Krensitz besucht hatte, mit Auto aufgabeln und mir eine Dusche und etwas Schlaf ermöglichen, zumal ich meine Reisetasche auch saved dort belassen hatte. Wie es der glückliche Zufall einer Fügung wollte, traf ich eine liebe Freundin des Hauses, die beim "Matapaloz" in der Produktion arbeitete, bei ihr im Auto könnte ich am nächsten Tag meine Reisetasche bis zu meiner Abreise parken. Was für ein unglaubliches Stückchen Glück! Damit war etwas Gedankenlast von der Seele und somit der innere Weg etwas befreiter mich im inneren Gebot "ich geb' mich ganz den Onkelz hin..." fallen zu lassen.
21:00 Uhr Showtime der BÖHSEN ONKELZ. Das alte "Live in Dortmund" Intro fegte blitzte seine Funken über den Platz, trotz des eher miesen Wetters, und ließ mit "Hier sind die Onkelz" das erste Liveset von der Kette. Bereits mit "Narben" erfüllte sich ein live-haftiger, langgehegter Wunschtraum für mich, zumal "Narben" eines der stärksten-, vielleicht sogar unterbewertesten Stücke der Onkelz ist mit denen ich eine Menge verbinde. Die Setlist war kunterbot querbeet-gemischt und ließ selbst mich als eher versucht stilleren Zuschauer mitsingen. Das MTV Trauma jedenfalls wurde auch an diesem Abend via "Keine Amnestie für MTV" noch einmal neu ins Rund gezimmert, während die ersten unerwarteten Highlights mit "Religion" (in der Urversion!!!; sprich die 1.982er Version von "Soundtracks zum Untergang 2") und "Das Tier in mir" auf Sethälfte lagen. Vor allem "Religion" machte mega Spaß, zumal hier astrein, glasklarer PogoPunk am Start war und noch einmal verdeutlichte wo genau die wahren Ursprünge der Böhsen Onkelz liegen.
Gewöhnungsbedürftiger war das Livedebüt von "Ein guter Freund", währenddessen Szenen aus dem Heinz Rühmann (R.i.F.) Film "Die Drei von der Tankstelle" im Hintergrund über die Screenwände liefen. Spätestens im Anschluss beim fies-dunklen "Tanz der Teufel" bot sich das Gesamtbild des visuellen Bühnenkonzeptes als stimmig und überwältigend zugleich dar. Ob in überwältigendem, höllischen Rot oder leicht neongrünem Spotlight - die Wirkung war unglaublich stark, trotz (oder gerade wegen?) der Temperaturen. Dass dabei auch "Lügenmarsch" als Einzelsong nicht fehlen durfte, was ja zum Festivalversprechen der Onkelz, das besagte das gesamte "Kneipenterroristen" Album + der "Lügenmarsch" EP zu spielen, beinhaltete. All inclusive quasi. ;-)
Ein echtes Wechselbad der Emotionsebenen, die Stück für Stück freigelegt wurden, ein Intensivbeispiel dafür war auch "Der Platz neben mir (1+2)", das dem leider zu früh verstorbenem 5. Onkel Thomas Hess (R.i.F.) gewidmet wurde. Jedes Mal wieder kriegt mich gerade dieser Song mit den Gedanken an alle, die vorangegangen sind, dran. Feuchte Augen inklusive... - "all inclusive" auch auf diese Weise... Natürlich brauchte es etwas bis man wieder zurück in der vorherigen Stimmung des Diesseits war, was spätestens bei "28" seine Ein-Erdung fand und über "Auf gute Freunde" zu "Könige für einen Tag" (*wieder in der Ursprungsversion; also nicht wie zu Zeiten von "Live in Vienna" umgesetzt) führte. Immer wieder hofft man dabei, dass der Satz "Metallica ist Hofkapelle, so soll es sein..." eines Tages seine Realität findet, was der absolute Oberhammer wäre. Die Chancen dürften, dank der einhelligen Anerkennung der Onkelz durch Bands wie Motörhead, Slayer, Machine Head, Pro Pain, Megadeth etc, dafür gar nicht so schlecht stehen? Und ehe sich der Gedanke beantworten würde, setzte "Erinnerungen" den Schlusspunkt (wie so oft). Ein Flug durch die Zeit setzte in der nächtlichen Ankunft auf. Zeit um noch etwas im "El Barrio" zu verweilen.
Ungewiss und lang sollte die Nacht werden. Zunächst sah ich mir gegen 1:30 Uhr die halbstündige "Lord Insanity Freakshow + Kiros - The Twisted Man" an. Nur sehr wenige fanden sich vor der kleinen Bühne ein. Vielleicht 50 Leute, die aber eher locker verstreut standen. Was die Artisten/Artistinnen boten, war unter den Umständen (auch der ziemlich kalten Temperaturen geschuldet) mit Respekt zu danken. Kiros - "The Twisted Man" verbog und verrenkte seinen Körper, dass einem schon beim bloßen Zusehen die Knochen wehtaten.
Der Österreicher "Lord Insanity" hingegen erinnerte ein wenig an den durchgeknallten Alf Poier, leider wollte der Funke bei dieser Vorstellung aber nicht so recht auf die Zuschauer überspringen. Eine eingesprungende Artistin aus Berlin, deren Namen ich leider vergessen habe (**Ihr dürft den Namen gern im Kommentarfeld hinterlassen; um diesen Bericht kompletter zu machen) heimste da schon mehr Aufmerksamkeit ein, was möglicherweise auch ein wenig am Pegel einiger lag. Stichwort "Poledance Artistik". Den Abschluss bildete ein australischer Artist, der mit 200% tätowierter Haut (*er ließ sich quasi die ersten 100% nochmals übertätowieren/covern) nicht nur den Weltrekord hält, sondern auch in gut 2 Metern Höhe auf einem Stuhl mit einem Schwert/Säbel beeindruckte. Auch hierbei glänzte die Security nicht gerade als ein Angetrunkener die Bühne entern konnte und am Stuhl rütteln wollte, was den Artist in Lebensgefahr hätte bringen können. Dass der Artist selbst dies' sarkastisch in Richtung Security mit "...great Job Security!" kommentierte, konnte man nur nachvollziehen. Die Darbietung selbst gelang dennoch. Echte Profis in ihrem Metier.
23.06.18, Samstag
Damit war dann auch der Moment, da ich das Messegelände verließ und mir zunächst die Nacht im angrenzendem McDoof vertrieb, die einzige Möglichkeit in unmittelbarer Nähe sich etwas aufzuwärmen. Ich zog es vor es bei einem großen Kaffee zu belassen, da ich diese Fast Food Kette nur äußerst ungern mit Kaufkraft zu unterstüzen pflege. Natürlich war das letztlich etwas inkonsequent, was sich in Anbetracht der kalten Nacht, die noch bevorstand für mich deutlich neutralisierte, denn man schloß wenig später (gegen 1:00 Uhr) bis 9:00 Uhr Morgens. Also lief ich mit Musik auf den Ohren ein paar Runden und versuchte es mit etwas Schlaf in einer offenen Bushaltestelle mit Sitzgelegenheit, die wenigstens etwas Windschutz bot. So richtig wollte es aber nicht gelingen, da immer wieder Autos vorbeifuhren. Selbst die Ordnungshüter fragten netterweise "Wann denn der nächste Bus fahren würde?" - ich hatte tatsächlich gecheckt wann der in Richtung Zentrum Leipzig fahren würde und hatte überlegt ob es Sinn machen würde in Richtung Leipziger Innenstadt zu fahren, um dort die frisch-kalte Nacht zu überdauern, ließ es letztlich aber, da der Treffpunkt für die Überfahrt nach Krensitz zu 11:00 Uhr am McDoof, Neue Messe abgemacht war.
Zäh lang zogen sich die nächtlichen Stunden in den Morgen. Gegen 7:00 Uhr durchkämmte ich das Gewerbegebiet, um einen Bäcker zu finden, bei dem ich einen Kaffee und etwas Frühstück bekäme. Ich meine es war erst gegen 7:30/8:00 Uhr Morgens, dass ich zu diesem Segen an diesem herbstkalt-gefühlten Morgen kam. Der McDoof hingegen glich wenig später einer Invasion aus Festivalbesuchern und einkaufenden Familien. Einigen sah man den Tauchgang in volle Bierfässer an, Andere wiederum wollten einfach nur ein halbwegs gechilltes Frühstücksmenü. Ich nahm vorlieb mit einem weiteren Kaffee, zog es aber vor (aufgrund des lemmingeartigen Menschendurchlaufs) draußen an einer etwas ruhigeren Ecke meinen Kaffee zu genießen. Das Szenario vermittelte mir eine Art Flashback bzgl. des Jahres 1.993 und dem damaligen Onkelz Konzert in Geiselwind, wo auch eine McDoof Filiale oberhalb von "Strohofer's Treff" (*heißt heute "Eventzentrum Strohofer") lag, indem man selbst damals rotzfrech mit einem Bier saß und auf den Beginn des ersten Onkelz Konzertes wartete, wohlgemerkt unter dem damaligen Motto "Rock gegen Rechts"(!). Der damalige Veranstalter Toni Strohofer kam damals höchstpersönlich in diese McDoof Filiale, um sich einen Eindruck der Stimmung zu machen und bat höflich und ruhig alle Onkelz Fans bitte keinen Ärger zu machen. Damals galten Onkelz Fans dank der Medien noch als "hässlich, brutal & gewalttätig". Man empfand damals Respekt für diese Bitte und wusste, dass es ganz im Sinne der Onkelz wäre sich halbwegs normal zu verhalten. Außer ein paar Onkelz Liedern (*allerdings KEINE mit irgendwelchen Interpretationsfutter für die damals anwesenden Pressevertreter; z. B. dem Bayrischen Rundfunk) hörte man damals auch keine Scheiße am Einlass oder gar im McDoof selbst. Heutzutage hat sich die Onkelz Fankultur natürlich längst verselbstständigt und ist einer Eigendynamik gewichen. Wer damals noch strikt gegen die Onkelz war, ist heutzutage vielleicht der vermeintlich größte Fan, was nicht selten auch ungefragt rausgeschwallt wird, nun ja... Auch das ist eine bemerkenswerte Entwicklung inner- und außerhalb der Bandgeschichte der vier Frankfurter, die auf dem "Matapaloz" auch vor Augen lag.
Gegen 11:15 Uhr ca. kam dann das Auto und nahm mich auf - zurück nach vorn, ab nach Krensitz. Es war fast wie nach Hause zu kommen, so herzlich hatte mich die Familie meiner jahrelangen Freundin begrüßt. Man mag mir die eher schlaflose Nacht vielleicht angesehen haben?! Ich fragte kurz und etwas grundmüde, ob es okay wäre, wenn ich mich mal 1-2 Stunden auf's Ohr hauen würde, bevor es gegen 16:30 Uhr rum zurück nach Leipzig ginge? Unkomplizierterweise regierte hier das Herz wie man es von vielen Sachsen kennt, ich zog kurz darauf ins Schlummerland ein.
Ein paar Stunden später ging es dann zurück nach Leipzig, nach einer erfrischenden, warmen Dusche (was ein Segen bei den Temperaturen war!) und einer herzlichen Kaffeerunde (inkl. Kuchen) bei den Krensitzern. Mein Dank war mit Worten nicht wirklich auszudrücken, dennoch tat der Anstand sein Übriges und wurde in Worte geformt. Meine Reisetasche hatte ich direkt wieder mit im Schlepptau und die angesprochene Freundin des Hauses aus der "Matapaloz" Produktion übernahm diese in ihr Auto, somit war ich ohne größeren Ballast und ging direkten Weges in Richtung Infield des "Matapaloz", wo gerade HAUDEGEN (16:30-17:20 Uhr) spielten, die zuletzt mit ihrem Triple-Release "Blut, Schweiß und Tränen" einen stilistisch wirklich starken Rundumschlag ab- bzw. ausgeliefert hatten. Bislang hatte ich es nie geschafft mir Haudegen live zu geben, zumal ich mit deren Werken auch kaum vertraut war, aber das, was sie beim "Matapaloz" anboten, hatte etwas für sich. Sie waren auch die erste Band, die klar Stellung gegen Intoleranz und Rassismus bezog. Nicht zuletzt durch Ansagen, sondern auch per Bassdrum "FCK AfD" Aufkleber. Eine nicht unwichtige Message, gerade, wenn man in Berlin-Marzahn Wurzeln hat. Leider erlebte ich nur ungefähr die Hälfte des Haudegen Sets und hatte auch die Samstags-Opener The New Roses (14:30-15:05 Uhr) und Phlip Campbell And The Bastard Sons (15:25-16:10 Uhr) verpasst, aber das durfte angesichts der widrigen, ungeplanten Umstände in Ordnung gehen. Ich war lediglich erstaunt wie gut Haudegen doch bei den "Matapaloz" Besuchern ankamen.
Auf jeden Fall reichte mein Timing perfekt aus, dass ich ROSE TATTOO (17:40-18:40 Uhr) sehen konnte. Gary "Angry" Anderson gehört einfach zu den Rock 'N' Roll Ikonen dieses Zeitalters in dem wir leben. Für mich steht er auf ewig in derselben Musikerliga wie Bon Scott, Lemmy, Ronnie James Dio, Johnny Rotten, Joey Ramone - ja selbst mit Jim Morrison. Und genau das unterfütterten Rose Tattoo mit spürbarer Spielfreude, die einer Lockerheit-, einem Spaß entsprang, der Seltenheitswert hatte, wenn man da so an diverse Konzerte vieler anderer Bands denkt... Ob "Nice Boys", "Rock'n Roll Outlaw", "One Of The Boys" - Klassikerregen inmitten immer noch herbstlicher Temperaturen. Alles, was Angry Anderson per Ansagen von sich gab, kam direkten Weges mitten aus dem Leben, fern seiner Filmweltexkurse. Sinngemäß meinte er, dass das Leben kein Film ist, sondern die harte Realität. Obwohl mancher "Science Fiction" oder "Endzeit" Film auch regelrechte Realität geworden sind... mit Ansichten wie diesen und auch von den Riffs und Schlagseiten her passten Rose Tattoo bestens ins Billing, zumal sie einst auch großer musikalischer Einfluss für die Onkelz selbst waren. Onkelz Gitarrist Matt "Gonzo" Röhr zog sich den gesamten Rose Tattoo Gig von der Bühnenseite aus rein, was natürlich von einigen Fans nicht unbemerkt blieb. Vermutlich sind die Onkelz via dieses "Matapaloz" Festivals selbst auf einer Art Zeitreise zurück zu ihren (musikalischen) Ursprüngen geführt wurden, die von den Gegebenheiten begünstigt vielleicht sogar etwas Nostalgie im hinteren Winkel hatte? "Gonzo" jedenfalls befeuerte die Festivalbesucher kurz mit respektvoll Geste Rose Tattoo zu-klatschend, dass die Aufmerksamkeit ganz klar Rose Tattoo zustehen sollte. Es braucht manchmal keine Worte, Gesten tun es auch. Diese wiederum genossen Rose Tattoo mit Freude und spürbarer Dankbarkeit, was sich natürlich in deren grandioser Show niederschlug. Ich für meinen Teil mag besonders authentische Musiker, die eben nicht (wie oftmals paradoxerweise viele kleinere Bands/Musiker) über den Wolken ihres übersteigerten Selbstbildes hängengeblieben sind - bei Rose Tattoo war davon jedenfalls so gar keine Spur.
Musiklisch ein etwas tieferer Stilschnitt folgte mit den Jungs von IN EXTREMO (19:00-20:15 Uhr), die ich bei einem der jährlich stattfindenden "Dark Storm Festival" Ende der '90er/Anfang der 2.000er zuletzt live gesehen hatte. Zugegeben "Trötenmucke" ausgiebig zu hören, reicht mir einmal im Jahr beim alljährlichen, familiären "Hörnerfest" oben im Norden Deutschlands, jedoch taten In Extremo der musikalischen Vielfalt/Abwechslung des "Matapaloz" Billings tatsächlich sehr gut. Wo frischer Wind fegte, gesellte sich nun Mittelalter Rock dazu und funktionierte in der Tat bestens. Mich persönlich bekamen In Extremo dennoch nicht so richtig in den Kescher, trotz cooler Nummern wie dem Villon'schen "Werd ich am Galgen hochgezogen", "Störtebecker" oder auch "Quid Pro Quo". Wie gesagt, meines Erachtens hätten Rose Tattoo mindestens vor den Onkelz den Platz im Billing haben müssen, allein ihrer musikalischen Historie wegen. In diesem Punkt mögen sich allerdings die Geister scheiden, die das "Matapaloz" gerufen hatte.
Nach einer etwas längeren Umbaupause, bretterten gegen 21:00 Uhr die BÖHSEN ONKELZ erneut auf die megagroße Bühne, die noch immer wie ein Koloss stand, wo sie hingewuchtet bzw. aus dem Boden gestampft worden war. Dieses Mal ging das "Oratorium" Intro von der "Heilige Lieder" voraus, dem auch der Opener "Heilige Lieder" folgte, während parallel ein weiteres WM Fußballspiel der deutschen Elf in Russland lief. Ich staunte zwar angenehm, dass nirgends ein Monitor mit dem parallel laufendem Spiel zu finden war, wie es auf vielen anderen Festivals durchaus üblich gewesen wäre, das aber hatte den schönen Fokuseffekt, der zugunsten der Onkelz selbst ging. Immerhin updatete Stephan Weidner immer mal (wenn ein Tor fiel z. B.) die Crowd. Derweil schossen auch länger nicht mehr gehörte Liveperlen vor die Säue - "Lack und Leder" oder auch "Leere Worte". Die "Religion" Version aus der "zweiten" Reihe (im Kontext zum Vortag gesehen) durfte a) nicht fehlen und b) auch die Entwicklung der Onkelz von der Punk- zur kernigen Street Rockband (mit Metal Einflüssen) untermauern. Gossencharme, Strassendreck - alles inklusive. Stellenweise wurde bewusst, dass Frontmann Kevin R. Russell stimmlich wirklich selten kraftvoller unterwegs war, wenngleich man hier und da schon auch mitbekam, dass er mal 'nen Schub aus dem Asthmaspray brauchte, was nach allen körperlichen Torturen gewiss kein Wunder ist. Das viel größere Wunder ist das des Wiederaufstieges und des sich Gerademachens, das dieser Mann nach Jahrzehnten der Suchteskapaden (um es mal so gelinde zu umschreiben), vollzogen hat. Dass das auch nachdenklichen Stücken wie das live etwas zähfließende "Stand der Dinge" (das mir persönlich in dieser Version gerade gut gefiel) Raum gibt, dürfte natürlich zurückverstehbar sein. Das Gemisch aus den Alben "Kneipenterroristen", "Heilige Lieder" und "Memento" (aber auch "Es ist soweit", "Wir ham' noch lange nicht genug") hatte das "Matapaloz" beschließende Liveset ziemlich gut im Griff. "Nach allen Regeln der Sucht" entfaltete erneut seine Tiefe unter lockeren Retrospektive-Flügeln, gerade weil es befreiter und endgültiger wirkte. Dem im Kontrast gegenüber das fies-dunkle Horrorbrett "Freddy Krüger", das einfach ein manchmal etwas unterbewerteter Kultsong ist, vor allem aus musikalischer Sicht. Zum Setende hin wurde es quasi "gewohnter", zumal "Mexico" leider ;-) nicht fehlen durfte, dafür aber "Nichts ist für die Ewigkeit" die Kerze im Raum des Erlebten stehen ließ. Von den zwei unterschiedlichen Tagessets konnte man nur respektvoll den Hut ziehen.
Im Nachgang gab es später noch (aber auch schon während die Onkelz spielten) angenehm Lustiges mit der "Frankfurter Reisegruppe", die ich zufällig kennengelernt hatte. Geschlossen umfassend folgte eine Einladung von Stephan Weidner persönlich in Richtung der Gruppe noch kurz im Backstagezelt ein Bierchen zu trinken und etwas zu plaudern. Stephan Weidner hatte sich (*auch in der Funktion des Veranstalters) höchstpersönlich ein Bild diverser Gegebenheiten und Defizite rund um die Bühne gemacht, mit Sicherheit, um diese bei zukünftigen Festivals zu beheben.
Im Zelt selbst saßen dann auch Matt "Gonzo" Röhr und Pe Schorowsky. Stephan ließ sich nicht bitten, sondern kam jeglicher Bitte charmant zuvor und gesellte sich zu unserer kleinen Truppe, von denen er einige schon länger zu kennen schien. Neben ihm sein Sohn Elvis. Optischer Teenager. Wenn man so dicht dabei steht und die Liebe vom stolzen Vater Stephan zu seinem Sohn sieht und spürt, kann man nur von Glück sprechen das überhaupt miterlebt haben zu dürfen. Dabei wirkt Stephan Weidner zu keiner Zeit wie ein Mittfünziger, sondern wie ewige Vierzig, allenfalls Mittvierzig.
Ich ließ es mir nicht nehmen Matt "Gonzo" Röhr kurz Hallo zu sagen, zumal man sich durch einige Interviews im Laufe der letzten 10 Jahre auch menschlich besser kennen- und schätzen gelernt hat. Ein paar persönliche Worte, die mir ein echtes Bedürfnis waren, mussten einfach ausgesprochen werden, bevor ich es dann vorzog noch ins "Ell Barrio" zu gehen, um meinen eigenen kleinen "Matapaloz" Abschlußmoment zu finden.
Ich staunte im "El Barrio" nicht schlecht über die vielen Tätowierbuden, die in Schiffscontainer ins Gesamtbild eingepasst worden waren. Dass man dort stark Angetrunkene trotzdem tätowierte, wunderte mich letztlich stark, da ein professioneller Tätowierer betrunkene Kunden kehrtwendend nach Hause schicken würde. Nun ja, von den Tattoo Moriven her ging es rund um das Thema Onkelz, teils nicht gerade toll ausgeführt vom Motiv her... nun ja, Kundschaft gab es in jeder dieser Buden tatsächlich noch genug. Verwunderlich irgendwie. Zeit zu gehen.
Nach abermals kurzer Nacht und kaum Schlaf, kratzte ich noch Bankkontoreste zusammen und nahm den erstbesten Zug zurück nach Berlin, wo es dann bis zu diesem Tag brauchte, um alle Eindrücke, Gedanken etc. geordnet in Worte zu gießen.
Am Ende habe ich meine eigenen kleinen Ressentiments bzgl. zu groß-empfundener Festivals und der damit einhergehenden Menschenmassen etwas überarbeitet und revidiert, so dass ich durchaus besten Willens bin auch 2.019 das hoffentlich (wieder in Leipzig) stattfindene "Matapaloz" mitzunehmen. Zum Schluss noch die beiden vollen Sets der Onkelz zum Nachlesen (unterhalb).
Danny B.
Tag 1, Onkelz Set (22.06.18)
01 Intro (*von "Live in Dortmund")
02 Hier sind die Onkelz
03 Narben
04 Irgendwas für nichts
05 Wer nichts wagt, kann nichts verlieren
06 Guten Tag
07 Ich bin in dir (Version 2001)
08 Keine Amnestie für MTV
09 Signum des Verrats
10 Es ist sinnlos mit sich selbst zu spaßen
11 Gehasst, verdammt, vergöttert
12 Religion (*Version 1982)
13 Das Tier in mir
14 Finde die Wahrheit
15 Koma
16 So sind wir
17 Ein guter Freund
18 Tanz der Teufel
19 Lügenmarsch
20 Der Platz neben mir (1+2)
21 Kirche
22 28
23 Auf gute Freunde
24 Könige für einen Tag
25 Erinnerungen
Tag 2, Onkelz Set (23.06.18)
01 Intro, Oratorium
02 Heilige Lieder
03 Lack und Leder
04 10 Jahre
05 Fahrt zur Hölle
06 Leere Worte
07 Auf die Freundschaft
08 Religion
09 Nichts ist so hart wie das Leben
10 Stand der Dinge
11 Stunde des Siegers
12 Ganz egal
13 Nie wieder
14 Wieder mal 'nen Tag verschenkt
15 Bomberpilot
16 Nenn' mich wie du willst
17 Nach allen Regeln der Sucht
18 Terpentin
19 Freddy Krüger
20 Nekrophil
21 Buch der Erinnerung
22 Wir ham' noch lange nicht genug
23 Kneipenterroristen
24 Nur die Besten sterben jung
25 Mexico
26 Nichts ist für die Ewigkeit
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