"Proto-Present Post Punk" - was für eine Stilumschreibung?! Da hat jemand echte Ambitionen, zumindest scheint das bei den im August 2.014 gegründeten Die Tunnel so, die ihre Mucke als "HC based" auf "kühl-psychedelischen" Fluren wähnen. Da mir der Rest ihrer Umschreibungen etwas schräg utopisch vorkommt, sei das der knappe Bestand an Vorabinfos, die deren Label namens "Tomatenplatten" eher in der "dunklen Garagepunk" (O-Ton) Ecke sieht. 

Ungewöhnlich bei der Produktion dieser EP ist der Gang back to the roots per 8-Spur-Bandmaschine (und nur 7 Spuren), die (so viel vorab) in der Tat einen dystopischen Sound als finale Essenz haben. Soweit ich mitbekam, gibt es sogar eine auf 100 Exemplare limitierte Siebdruckcover Version der EP, die auch ein anderes Coverartwork hat. 

Da mir die EP derzeit just in digitaler Form vorliegt (die EP war offenbar noch nicht aus dem Presswerk gekommen), kann ich nicht genau sagen welche Stück auf der A- und welche auf der B-Seite der 12" Vinyl EP sind. Vermutlich kann man die EP aber auch in CD Form bekommen(?), die per "Fraught Opiate" (Track 1) ihren Anfang findet und thematisch die psychedelische Komponente unterstreicht, während es musikalisch mit Garage (Psychedelic) Rock anstartet. Gitarre(n) und Schlagzeug agieren dabei stark vordergründig, während die Vocals leicht verzerrt im Hintergrund bleiben, was auch bei "Born Depressed" (Track 2) so bleibt, dafür aber etwas lockerer rüberkommt, trotz kleiner Ghost-Guitar-Funken. Der Sound klingt stellenweise so verwaschen wie manche Domestos Jeans der '80er/'90er Jahre. Genau das macht aber den Charme dieser (teils britisch) beeinflusster Beatmusik/Garage Rock Stücke aus, die auch von etwas (Rolling) Stones Coolness/Attitude lebt. Die punkige Coolness kommt erst bei "Einbahnstrassen" (Track 3; Anspieltip I) durch, dafür aber in leicht ungewöhnlichem Gewand. Etwas Sex Pistols Einfluss scheint mir hierbei nicht so ganz weit hergeholt zu sein. 

Der Die Tunnel Sound zeitversetzt zurück in die Tage und Nächte der Mixtapes und erinnert an die oft mindere Tonqualität, was aber gerade diesen unwiderstehlichen Eigencharme hatte und ausreichte, um auf- und durchzudrehen. Die Tunnel spielen frei raus, experimentieren ein wenig und pegeln zwischen Garage Rock/Psychedelic Rock der '60er/'70er Jahre Prägung - "Trip Inside" (Track 4). Manchmal etwas space-ig, trip like/(horror-)stoned wie auf 'nem satten LSD/Speedtrip - "Echoes" (Track 5). Man wähnt sich in einer Art Flashback-Zeitreise als The Doors gerade erst den Mojo Rising angeworfen hatten, was sogar bis hin zu etwas Tuchfühlung mit "soften" Psychobilly  führt, man nehme just The Monsters als geistig-musikalische Verwandtschaft. Zwar bleibt auch "L.Y.I.M.M." (Track 6; Anspieltip II) diesen Stilpfaden erhalten, kommt dabei aber ungeahnt eingängig daher bzw. fräßt sich mittels des loopartig-wiederholenden Gitarrenlaufs ins Ohr, der zu großen Teilen das Stück bestimmt. Seltsamerweise denke ich angehörs dessen an den Soundtrack des Kultfilms "Natural Born Killers", bevor mit "Stoked" (Track 7; Anspieltip III) eines der leichter verdaulichen Stücke dieser EP zum Finalgang ruft. Nicht nur das längste-, sondern auch meines Erachtens beste Stück auf dieser EP. Die Hardcore Basics kamen jedenfalls nur vage durch. Ein paar Punk Schimmer, aber letztlich eher Psychedelic Garage Rock - das allerdings in sehr eigener Art, die Die Tunnel von den restlichen Produktionen vieler Bands ganz klar unterscheidet. 

V.Ö.: 15.09.

6,65/10 Schafe Schüsse

(Tomatenplatten/Cargo Records 2.017)

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Danny B