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PRELLBOKK, Runde 1

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

04-2015

Label: 

Genre(s): 

"Nachts, wenn alles schläft, wird im Ruhrpott tief unten in den Gossengassen nahe der stillgelegten Zechen wieder derb-sattmachende Rohkost geschmiedet." so in etwa hätte man den Werdegang zu diesem doppelt gestähltem Scheibchen umschreiben können. Was vom Namen her zunächst mal "grob" klingt, hat auch straight-unverblümt-grobes im Backenfutter, zumal hier der ehemalige "Grober Knüppel" Bassist neu zurück an der Startlinie ist. Was die Bandphilosophie bei Prellbokk angeht, so gibt man sich klaren Wortes: 

"Stressfrei In Die Fresse: PRELLBOKK = linksextreme Instantsoße? NEIN! PRELLBOKK = rechtspopulistischer Einheitsbrei? AUF GAR KEINEN FALL!!!! PRELLBOKK SIND WIR!!!" 

Somit kann man Grauzonefragen direkt einpacken, wenngleich das natürlich nicht bedeutet, dass man nicht auch konstruktivkritisch sein darf. Die Info, dass man in Castrop zu Hause ist und 2.014 den Bokk vor den Karren gespannt hat, muss demnach vorerst als Grundinfo reichen.

Mit "Unser Weg" (Track 1) wird der Bokk offiziell von der Kette gelassen und bringt einen druckvollen Streetcore/ Hardcore/ Crossover Schub ins heimische Wohnzimmer, was zugegebenermaßen (abgesehen von der Stimme des Mikrobefeuchters) schon an den stilverwandten GK (Grober Knüppel) erinnert. Nachdem der Opener typisch zu Werke tönte, geht mit "Freigeist" (Track 2) die Offensive raus, die z. T. etwas härterer Verbalfederung unterliegt. Der "Freigeist" jedenfalls befreit sich im Rundunschlag von politischen Extremen. Musikalischer '70er Pop der Marke ABBA(!) funkt zu Beginn von "Wenn du fällst" (Track 3; Anspieltip I) mit und setzt den Bewegungsdrang in Gang. Von den Stilmitteln kommt hier mehr GK Nähe auf, was kaum zu verleugnen. Vom Songinhalt her wird hier das Rad zwar wieder einmal nicht neu erfunden, sondern lediglich einer eigenen Bereifung zugeführt. 

"Klikk auf Like" (Track 4) rifft und groovt dann schön überspitzt durch die Facebookwelten und führt die schnelllebige Zeit bis zum Durchwinken sehr zielgenau auf den Punkt. Als Mikrogast hat man "Sebastian" am Start, über den man ebenso wenig erfährt wie über die Haupt-Bökke selbst. Dank des Schlagzeugbolzfeuers und der fetten Groovewand relativiert sich diese kleine Defizit aber schnell. Die Old School Hardcorekante drückt hier auf hohem Neuzeitniveau die Membranen nach vorn. Mit etwas Eurythmics ("Sweet Dreams") Nähe kommt der bereits bekanntere Prellbokker "Schwingt Eure Keul'n" (Track 5) ins Rund gezimmert. Wahlweise kann man sich via Bandwebsite auch den dazugehörigen Videoclip geben. Fakt ist, dass Prellbokk jede Grünfläche mit 'ner fetten Asphaltschicht (vom Hörgefühl her) überziehend vergessen machen. Blumig-poetische Texte weichen hier dem rauen Ruhrpottcharme - "Herdenvieh" (Track 6). Vor allem in der Stimme und den Texten finden sich die grössten Unterschiede, sofern man den GK noch immer als die Band im Kopf hat, zu denen Prellbokk eine stilistische Nähe innehaben. Natürlich macht es diese Tatsache nicht einfacher, wenn man sich intensiver mit Prellbokk auseinandersetzt.

Zwar findet man auf den ersten Hör bislang keinen Sofortzünder, aber es bleibt genug Muckenfutter über, um nicht der Versuchung weiterzuzappen ins Netz zu gehen. War gerade eben noch die Rede von den Unterschieden zum GK, kommen mit "XXX" (Track 7) Gemeinsamkeiten zum Vorschein. Diese Nähe bleibt z. T. auch bei "Schsstg" (Track 8; Anspieltip I) von Bestand, klöppelt aber auch das Humorlevel mit ein. Erst bei "Grasen mit Prellbokk" (Track 9; Anspieltip II) kommt der Kopf in den Direktnickmodus, was nicht zuletzt dank der Vocals so ist. Tempomäßig prescht der Prellbokk hier zeitweise sogar in Thrash Metal Sphären vor. Die Metalnähe kommt sicher nicht von ungefähr, zumal der Ruhrpott ja quasi der Schmiedeschmelztiegel in Sachen Thrash Metal war bzw. ist. 

Einen Extrapunkt für nicht zu ignorierende Thematiken sollte man diesen Jungs für den Song "Vaterland" (Track 9; Anspieltip III) geben, denn hier wird nicht nur der Wahnsinn vergangener Kriege auf den Punkt gebracht, sondern auch ein nicht allzu weit entferntes Szenario mahnend skizziert. Einige Gäste bereichern diesen Song hördienlich obendrauf. Davon könnte sich so manche selbstverliebte Band 'ne Scheibe zu Gemüte führen. Von der Eingängigkeit her legen Prellbokk mit der zweiten Albumhälfte deutlich zu, was zwar die erste Albumhälfte ein wenig untergräbt, aber ich kann diese Empfindung faktisch ein wenig entstressen, da sich dieses Album mit jedem weiteren Durchlauf leichter in die Ohren reißt - "Mein Leben für dich" (Track 10), "Trendbereit" (Track 11). Gerade bei letzterem wird auch tiefer geröhrt. Das Einzige was sich mir bei diesen Jungs als echte Frage stellt, ist: In welchem Genre sich die Jungs selbst sehen? Die Mucke ist eigen und sinnig, die Texte zeitgemäß, gekonnt verbalisiert, aber ich kann mir (abgesehen vom GK) keine Band in deren Nähe vorstellen. 

Zum Finalabgang gibt es einen Gasttext mit "Wo meine Freunde sind" (Track 12; Anspieltip IV) serviert, der noch etwas mehr Farbe in diesen teilweise düstertönenden Gossensoundtrack bringt. Den Prellbokk Absch(l)uss "Kartoffelsupp" (Track 13) überlasse ich Euch. Am Ende ist dieses Album keine leichte Kost. Es rifft, röhrt, groovt, kotzt und grinst düster ins Rund, aber es fehlt auch manchmal etwas. Fakt ist, dass dieses Album nicht mal eben austauschbare Stangenware ist, die man mal eben kaugummiartig locker wegkaut.

 

6,65/ 10 Schafe Schüsse

(Prellbokk 2.015)

http://www.prellbokk.de/

https://www.facebook.com/prellbokk

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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