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ALARMSIGNAL, Viva Versus

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

03-2015

Label: 

Genre(s): 

* "Eigentlich" sollte diese Review schon im März rausgehen, doch gerade als ich daran schrieb, nahm mir die Nachricht vom Tod eines alten Freundes jegliche Konzentration, so dass diese Review bis jetzt halbfertig im Ordner auf meinem PC lag... ein neuer Versuch die Review fertigzustellen musste her.

Die "Brennden Barrikadenträume" haben sich seit seit 2.012 in nicht nur in vielen Ohren feurig vor sich hinträumend festgebrannt, sondern haben Alarmsignal selbst seither jede Menge neuen Stoff für Träume und Gedanken sammeln lassen, um nun, gute 3 Jahre nach "Alles ist vergänglich" (2.012) in kompakten Albumformat unter der Headline "Viva Versus" neue-, in Berlin eingespielte, fragende Songs nachzulegen. Die Celler sind musikalisch gereift, haben aber nicht verlernt kritisch zu bleiben. Für mein Empfinden aktuell eine der besten Punkbands hierzulande.

Das Coverartwork, das so genial wie witzig ist, weiß direkt auf den Erstblick zu gefallen und lässt an Interpretationsspielraum gut Luft im Raum. Erscheint die Titelheadline des Openers "Which Part Of Fuck Off" (Track 1) noch etwas grundaggro, weiß der Songtext klarzustellen was den Celler Jungs die Halsschlagader anschwellen lässt. Nicht nur, dass man sämtliche Songtexte im Booklet nachlesen kann, Alarmsignal haben auch diverse Anmerkungsfußnoten hinzugefügt, die dem jeweiligen Songinhalt zuspielen. Thematisch ist dieser Erstsong ein starker Einstieg, dem "Kaputte Stadt" (Track 2; Anspieltip I) noch einen draufsetzt. Für jeden Kleinstädtler der Soundtrack zum täglichen Überwasserhalten. Kleinbürgerspießertum und Ignoranz/ Wegsehmoral bekommen hier ihr Fett weg. Dabei fällt musikalisch direkt auf, dass Alarmsignal sich einen Dreck um musikalische Anpassung scheren und dem Punk als musikalischem Ideal loyaltreu geblieben sind, was ein echter Gewinn an Sympathiepunkten ist!

Da darf neuer Singalongstoff ala "Keinen Schritt weiter" (Track 3) nicht fehlen, bevor es mit "Heimat halt's Maul" (Track 4) wieder typisch tiefenkritisch weitergeht. Zwar kommen für mein subjektives Empfinden hier im Text nur zwei Bandnamen durch, die hier im Kritikzentrum stehen, wobei ich für meinen Teil nur die Kritik an der Band aus Südtirol nachvollziehen kann. Am Ende aber frage ich mich jedes Mal ob die "wir gegen die"-Kleinkriegsmoral nicht auch schon Teil des grossen Systems sind? Da fällt es nicht so ganz easy sich auf die Thematik vom folgenden "Erstickte Hoffnung" (Track 5) einzulassen, zumal Steff hier doch eine ziemlich ernsthafte Thematik beschreibt, die mich an den Grund erinnert, warum diese Review tagelang liegenblieb. Ein Song, der für mein Empfinden eine gute, wichtige Message vermittelt, nämlich die, dass man seinen Mitmenschen und Freunden nicht nur halbherzig zuhören sollte und nichts einfach leicht geschultert ab-/ durchwinken sollte. Ob Alarmsignal bzw. Steff das so im Sinn hatten, weiß ich im Moment nicht, es wäre aber wünschenswert!

Natürlich agieren Alarmsignal dabei noch lange nicht in altersmüder Balladennähe, sondern bleiben sich tempomäßig treu. Etwas mehr Pogotempo gibt es mit "Krawallier" (Track 6) obendrauf, gedanklich könnte man von einer Art Nachfolger des Klassikers "Brennende Barrikaden" (vom Album "Alles ist vergänglich") sprechen, allerdings geht hier musikalisch deutlich mit mehr Knüppeln zu. Allerdings muss es auch erlaubt sein diesen Song kritisch zu betrachten, zumal solche Songs auch falsch verstanden werden können, wie es vor nicht allzu langer Zeit in Frankurt am Main der Fall war. Am Ende zahlt das Fußvolk die Zeche. Aber diesen Punkt kann man ggf. mal bei einem Interview mit den Jungs auf den Punk bringend erfragen/ besprechen. 

Mit "Dieses Dasein" (Track 7; Anspieltip II) bekommen die Tiere mit Sätzen wie "...Benutzte Ware, mit welchem Recht? Mit welchem Recht Gebrauchsgegenstand?" eine weitere, wichtige Stimme. Vor allem auf längeren Hör hin mausert sich dieser Song zum Ohrwurm. "Halschlagader pocht" (Track 8; Anspieltip III) hingegen beginnt direkt melodisch einfangend und dürfte fest ins Liveset rutschen?! Thematisch setzen Alarmsignal hier den Schwerpunkt einen gedanklichen Schritt weiter als noch bei "Heimat halt's Maul". An und für sich geht es genau genommen um leidenschaftliches Engagement, Authentizität und Glaubwürdigkeit. Genau das gefällt mir an Alarmsignal so, sie setzen gedankliche Fragezeichen über die man wirklich mal reden sollte. Zumindest sind die Texte oft so verfasst, dass noch Platz für ein Gespräch darüber bleibt. Somit kann man Alarmsignal definitiv NICHT als monoton oder gar extrem bezeichnen, weil sie noch Luft für Gespräche/ ggf. Diskussionen lassen.

Thematisch setzen sie mit "Im Gleichschritt, Arsch" (Track 9) einen weiteren, wichtigen Punk-t. Gerade nach einem Jahr Überdosis in Sachen politischer "Zombiegeister" ein wichtiges Alarmsignal! Dass aber auch globale Themen zum musikalischen Soundtrack im Endzeitgefühl werden, zeigt sich anhand von "Support Your Local Enttäuschung" (Track 10; Anspieltip IV), wo es u. a. darum geht sich nicht der (globalumfassenden) Lethargie/ dem Stillstand des grauen Alltagsmitläuferlebetums zu ergeben. Lediglich mit dem Satz "...weil wir nur Freiheit haben, weil wir sie Anderen nehmen..." kann ich mich nicht gänzlich anfreunden. 

Das Schöne an Alarmsignal als Band mit Einzelindividuen sind die Charaktere. Jeder der Band bekommt die Freiheit Songs beizusteuern, was im Falle von "Unpolitisch tötet" (Track 11) Gitarrist Bulli's geistiges Kind ist. Laut eigener Aussage ist der Songtext bereits ca. 10 Jahre alt und genau davon lebt der Song auch. Pogokeulenpunk pur. Allein schon, dass man sich der Thematik "Reduzierung Obdachloser auf den Begriff 'Penner'" angenommen hat, gibt von mir den zeitgemäßen Doppeldaumen. Schade nur, dass der Song bzw. die Thematik 10 Jahre zuviel in der Schublade lag. 

Der Sofortzünder auf diesem Album findet sich in "Ballast über Bord" (Track 12; Anspieltip V), der mich stellenweise ein wenig an Dritte Wahl erinnert. Fakt ist aber, dass diese mit Klavier angereicherte Teil-Midtemponummer in den geistig offenen Internetradios oder auch den diversen Compilations seinen festen Platz finden dürfte. Klasse Song! Auch vom Platz auf diesem Album hätten Alarmsignal diesen Song nicht besser platzieren können. Mit "II << [ ] >" (Track 13) -übrigens ein klasse Songtitel!- setzen Alarmsignal den Punk-t auf 1:45 Minute verteilt hinter dieses Album. Gewohnter Singalong lässt das Herz schneller schlagen. 

Komplett betrachtet macht dieses Album vor allem auf längeren Hör hin Spass, zumal man jedes Mal eine neue Nuance entdeckt. Trotz der wirklichen breiten Themfläche hätte ich mir noch etwas mehr Reflektionsvielfalt bezüglich der Alltagsthemen gewünscht. An Themen mangelt es ja nicht. Fakt ist, dass Alarmsignal auch mit diesem Album im Gepäck gewiss nichts von ihren Livequalitäten einbüßen werden!

 

7,35/ 10 Schafe Schüsse

(Aggressive Punk Produktionen/ Edel Distribution 2.015)

http://www.zivilkrank.de/ 

https://www.facebook.com/alarmsignal

Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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