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COR, Lieber tot als Sklave

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

01-2015

Label: 

Genre(s): 

Hatte ich das zentrumtreffende "Herztier" Album (erschien 2.010) als letzte Musikmarke der Rügencore'ler auf dem inneren Schirm, stellte ich dieser Tage staunend fest, dass mir das Album "Snack Platt orrer stirb!" (2.012 erschienen) an meinen Lauschern komplett vorbeigegangen ist, womit ich mich in Anbetracht des hier vorliegenden neuen Albums "Lieber tot als Sklave" von der Entwicklung her (aus meiner subjektiven Sicht) just auf "Herztier" in Sachen zuletzt gehörte Reminiszenz berufen kann. 

COR sind eine Band, die immer wieder dieses auf mich positiv-wirkende, eigensinnige Gütesiegel mitbringen, nicht nur, weil sie konstant und unbeirrt ihr eigenes Ding durchziehen, sondern das auch wieder und wieder glaubhaft mit Abstand zu den gängigen Regeln des schnelleren, einfacheren Vorankommens (Business) tun. Sicher, die Musik entscheidet auch bei COR über den ins Fleisch übergegangenen, inwendigen Daumen, der individuell die Entscheidung bringt, aber die Sympathie ihrer Aktionen schwingen meist auch mit. Über COR hört man öfter so Sätze wie "Das sind doch die, die in Cuba waren..." oder "Hier, die mit dem Lampedusa Blues...!", wenn die Leute im Publikum tuscheln und sich gegenseitig auf den Stand bringen, wer da gerade den Saal aufrollt. 

Man kann nur hoffen und es den Jungs von der Küste wünschen, dass sie nach 13 Jahren vollwertig wahr- und natürlich dementsprechend ernstgenommen werden, denn COR haben mit Sicherheit NICHT vor das Pausenclownprogramm abzuspulen, im Gegenteil, hier werden ernsthafte Themen mit bestechenden Bestandsaufnahmen der Gesellschaft ganz offen bzw. öffentlicht denen vorgeführt, die all' die Ungleichheiten gesät haben und natürlich denen, die sehen bzw. etwas davon hören wollen. Schön, dass es immer mehr Menschen gibt, die genau verstehen, was COR mit ihren Werken bewegen wollen... am Ende steht eine kleine, aber feine Bewegung, derer, die lieber tot sind, als die ihnen zuverordnete Rolle des ewigen Sklaven in einer ferngesteuert-konstruierten Welt zu leben.

Mit "Unregierbar" (Track 1) öffnet sich die Tür direkt brettgroovig mit gewohntem COR-eigenen Sound, der dieses Mal deutlich fetter produziert direkt auf den Saiten mittanzt, während Friedemann (voc.) bereits voll in seinem Element ist und den Regierenden direkten Wortes den Riegel vorschiebt. Musikalisch scheint es dieses Mal etwas näher am Metal mit sehr feinwürzigen Hardcore Nuancen zu sein. In direkter Abfolge schicken COR den Albumtitelsong "Lieber tot als Sklave" (Track 2; Anspieltip I) durch die Membranen und gehen offensiv nach vorn, was sie mit ziemlicher hoher Eingängigkeit tun. Allerdings brennt sich diese vor allem über mehrere Läufe mit hoher Garantie rein. Ähnlich läuft "Guter Tag zum Sterben" (Track 3) auf Ohrenfang. Hier kommt vor allem der Flow-Guß der Instrumentalabteilung besonders gut zu tragen. Ich glaube man kann mit Recht sagen, dass diese Art Klangfarbe bislang noch keinem COR Album so gut stand.

Ob "Ihr auch" (Track 4) mit seinem 16 Sekunden Quickie seinen Einfluss von Napalm Death z. B., den Königen kurzer Song(fetzen) herrührt, weiß ich zwar in COR's Fall nicht, aber man braucht mehrere Durchläufe, um überhaupt etwas zu verstehen. ;-) Auch "Schlachtfeld" (Track 5; Anspieltip II) geht mit Zug nach vorn voran und malt eine global-gedankliche Vision einer Schlachtbank, auf deren Förderband wir uns derzeit alle befinden. Dieser Song dürfte sich live besonders gut machen?! Da kommt der bereits im Vorfeld veröffentlichte Sofortzünder "Frei sein" (Track 6; Anspieltip III) gerade richtig und lässt sämtliche Alltagszwangsjacken platzen. Stellenweise kann man sogar Black Metal-typische Gitarrenparts ausmachen, was einmal mehr das Alleinstellungsmerkmal von COR unterstreicht. COR riskieren was nötig ist, um ihren Gedanken Nachdruck zu verleihen. 

Wer glaubt, dass COR damit schon warmgespielt sind, der/ die irrt, denn mit "Business" (Track 7) gehen COR mit der Axt durch den Profitgierwald und schlagen Wunden in die Illusionen, was sie allerdings nicht lippenleer als halbgaren Aufguß tun, sondern auch bei dieser Thematik ganz zu Hause bei sich bleiben. Ein wenig The Exploited Lauf kommt mit "Mischling" (Track 8) auf. Der Begriff selbst wird hier auf positive Weise mal auf ganz andere Art interpretiert und zeigt dabei locker mitschwingend die Sinnlosigkeit rassistischer Konstrukte auf.

Bereits die ersten Gitarrenläufe von "Richy" (Track 9; Anspieltip IV) sorgen bei mir für aufgestellte Ohren und ergehen sich stellenweise in einer ungeahnten Melodik, die COR echt gut zu Gehör stehen, zumal es hier auch gedankenleichter zugeht. Spätestens jetzt bin ich der Meinung, dass COR mit "Lieber tot als Sklave" nicht nur ihr abwechslungsreichstes-, sondern auch ihr in sich stimmigstes Album erschaffen haben. (was ganze 4 Jahre dauerte; gut Ding brauch eben doch manchmal Weile)  

Mit "p*p*p" (Track 10) geht es zwar erneut recht kurzspielig (1:35 Minute) zu, aber wieder COR-typischer/ -gewohnter zu. Und wenn man gedanklich schon mal in COR-typischen Gefilden ist, passt "Am Meer" (Track 11; Anspieltip V) bestens rein. Zu Beginn geht es hier deutlich Doom-lastig (St. Vitus/ Solitude Aeternus/ Candlemass Eunfluss?) zu, was aber gegen satten Drive mit vollem Wind(en) in den Segeln eingetauscht wird und vor allem auf längeren Hör hin einer der Spätblüher dieses Albums sein dürfte?! 

Da darf auch mal ein Song wie "Der Weg" (Track 12) davonziehen, wenngleich die Thematik nicht verschmäht werden sollte. Vor allem die starken Momente, wenn Friedemann fast schon mantraartig "Der Mensch und die Erinnerung..." intoniert, machen den Song unverzichtbar. 

Es geht nun in Richtung Albumende. "Nicht folgen" (Track 13) macht sich daran die Ketten zu brechen und die Hirne aus den Zwangsjacken zu befreien, indem man wachruft wozu man nicht(!) geboren wurde. ;-) Am Ende bleibt sich jeder selbst mit dem Albumschliesser "Einsam" (Track 14; Anspieltip VI) überlassen. Zwar geht es zum Schluss eher in Midtempogefilden zu, passt aber in diesem Kontext bestens und zündet damit zum Schluss noch einmal. (was bereits beim ersten Durchlauf so war)

Dieses Album reiht sich schon jetzt in die Liste der Top-Alben des Jahres 2.015 ein, denn was COR hier in 4 Jahren aufreibender-, mit jeder Faser voller Hingabe-, aufzehrender Arbeit erschaffen haben, schreibt diese Jungs von der Küste in die Bücher der Musikgeschichte, dessen bin ich mir felsenfest sicher!

 

9,85/ 10 Schafe Schüsse

(Rügencore 2.015)

http://www.ruegencore.de/

https://www.facebook.com/ruegencore?fref=ts

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

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